Nun ist sie also durch, die an dieser Stelle voller Unbehagen erwartete neue Grundsicherung[1] – inklusive Totalsanktionen, Mietkostenentzug und Vermittlungsvorrang[2]. Fast wäre sie an den Bedingungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, laut Studien immerhin 57 Prozent der Personen im Bürgergeld, gescheitert. Eine kleine Formulierung ist es, die die Reform am Ende doch durch das Kabinett gepeitscht hat: das Wörtchen Gelegenheit.
Vor Sanktionen nach einem dritten verpassten Termin beim Jobcenter soll künftig »die Gelegenheit zur persönlichen Anhörung« gegeben werden. Der Entwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) verpflichtete ursprünglich dazu. Das sollte Menschen, denen es zum Beispiel aus Krankheitsgründen schwerfällt, Briefe zu öffnen, vor Strafmaßnahmen und deren Folgen bewahren.
Künftig werden es die Jobcenter sein, die dazu Gelegenheit geben können. Oder eben auch nicht. Denn: Eines der größten Probleme im Bürgergeld war die Unterfinanzierung jener Einrichtungen. Woher jetzt die Zeit- und Personalressourcen kommen sollen, um Menschen anzurufen oder ihnen gar persönliche Besuche abzustatten, ist absolut unklar. Die Situation armer Menschen wird also um einen Zufallsfaktor erweitert. Habe ich eine Betreuung, die sich die Zeit nimmt, sich mit meiner Situation auseinanderzusetzen? Oder erwische ich eine weniger engagierte Person – soll heißen: Gelegenheit verpasst, Leistungsentzug, Obdachlosigkeit? Diese Reform ist vor allem eines: ein Ausbau der Willkür im Umgang mit Armen.