In Südafrika leben viele Familien auf Farmen, die ihnen nicht gehören – oft auf Land, das ihren Gemeinschaften während der Kolonial- und Apartheidzeit entzogen wurde. Was macht die Situation dieser Familien heute besonders prekär?
Die Gesetze zum Schutz des Wohn- und Nutzungsrechts für Menschen, die nach der Apartheid auf dem Land anderer arbeiten und leben, sind unzureichend. Die Bestimmungen des Extension of Security of Tenure Act (Esta) bieten den stärksten Schutz, im Grunde ein lebenslanges Wohnrecht, aber nur für Farmarbeiter*innen, die mehr als zehn Jahre beschäftigt waren und über 60 Jahre alt sind oder arbeitsbedingt erwerbsunfähig wurden. Und auch das wird häufig missachtet. Unsicherer Wohnraum, fehlende Nutzungsrechte und Landlosigkeit gehen oft mit Armut und Ernährungsunsicherheit einher. Die Preise für Lebensmittel sind für viele unerschwinglich, da sie meist nur den Mindestlohn verdienen und mit saisonaler Beschäftigung oder langfristiger Arbeitslosigkeit leben müssen.
Warum sind Frauen besonders oft von unsicheren Wohnrechten und Räumungen betroffen?
Ihr Wohnrecht ist meist direkt an das Arbeitsverhältnis oder den Wohnstatus eines männlichen Partners gebunden. Wird dieser entlassen, verletzt, stirbt oder verlässt den Haushalt, führt das häufig zur Räumung für die gesamte Familie.
Welche Unterstützung bietet SPP im Falle einer möglichen Räumung?
SPP bietet paralegale Unterstützung, versucht in Einzelfällen, zwischen Landbesitzer*innen und Betroffenen zu vermitteln, und stellt Kontakt zu Unterstützungsstellen her. Gleichzeitig bauen wir lokale Unterstützungsgruppen auf, in denen Farmarbeiter*innen und Gemeindemitglieder organisiert sind, damit Familien in Räumungsfällen schnell unterstützt werden. Ein Beispiel: Die verwitwete Ms Chalene Blom und ihre fünf Kinder wurden illegal von der Farm vertrieben, auf der sie lebten. Das Matzikama Farmworker Forum griff ein, informierte beide Seiten über ihre gesetzlichen Rechte und ermöglichte ihre Rückkehr. Das Forum unterstützt die Familie weiterhin, denn der Farmeigentümer hat ein formelles Räumungsverfahren eingeleitet, das aktuell vor Gericht anhängig ist.
Was müsste sich ändern, um Landrechte und soziale Gerechtigkeit zu stärken?
Das Esta-Gesetz müsste deutlich ausgebaut und tatsächlich umgesetzt werden. Dafür braucht es mehr geschulte und ausreichend ausgestattete Mitarbeiter*innen in den Bezirksbüros, die klare Zuständigkeiten haben und aktiv handeln können. Und Polizei, Staatsanwälte und Gerichte müssten das Recht konsequent anwenden. Gleichzeitig müsste ein Budget für Notunterkünfte und langfristigen Wohnraum für die Vertriebenen bereitgestellt werden. Versäumt wurde auch, die kleinbäuerliche Landwirtschaft zu unterstützen – ein Bereich, der vielen ehemaligen Farmbewohner*innen echte Einkommensmöglichkeiten bieten könnte.