nd-aktuell.de / 17.12.2025 / Berlin

Hauptstadtzulage für Hochschulpersonal: Ein Stück Gleichstellung

Arbeitsgericht bestätigt Anspruch von Hochschulbeschäftigten auf die Hauptstadtzulage

Christian Lelek
Einigen mittelbar beim Land Beschäftigten sprach das Arbeitsgericht am Dienstag einen Anspruch auf die Hauptstadtzulage zu. Für einen Großteil geht der Kampf weiter.
Einigen mittelbar beim Land Beschäftigten sprach das Arbeitsgericht am Dienstag einen Anspruch auf die Hauptstadtzulage zu. Für einen Großteil geht der Kampf weiter.

Es ist ein Urteil, das tausende Beschäftigte erhofft hatten: Immer wieder hatte ihr Unrechtsempfinden sie auf die Straße getrieben. Zu Recht, wie das Berliner Arbeitsgericht am Dienstag feststellte. Angestellte der Humboldt-Universität (HU) und der Freien Universität (FU) haben einen Anspruch auf die sogenannte Hauptstadtzulage – 150 Euro mehr im Monat[1]. Das Urteil könnte richtungsweisend sein und dem indirekt unterlegenen Berliner Senat ernsthafte Probleme bereiten.

Die beiden Universitäten hatten vor dem Arbeitsgericht geklagt, um feststellen zu lassen, ob die Hochschulbeschäftigten einen Anspruch auf die Hauptstadtzulage haben. Der Senat verweigert bisher, den Hochschulen die Mittel für die Auszahlung der Hauptstadtzulage bereitzustellen.

Die Tarifvereinbarung über die Hauptstadtzulage gilt seit 1. April 2025. Die Hochschulen haben sich bereit erklärt, ihren Angestellten nach einer gerichtlichen Klärung die aufgelaufenen Beträge nachzuzahlen. Für die meisten Beschäftigten haben sich so bereits über 1000 Euro angehäuft.

Das jetzt ergangene Urteil in der ersten Instanz dürfte jedoch noch keinen unmittelbaren Geldfluss auslösen. Die Hochschulen haben mitgeteilt, die Entscheidung zu prüfen. Eine Sprecherin der HU erklärte, man werde Rücksprache halten mit dem Berliner Senat. Der Gang in die zweite Instanz vor das Landesarbeitsgericht sei nicht ausgeschlossen. Auch die FU hatte zuvor erklärt, dass die Beschäftigten die Hauptstadtzulage rückwirkend und ohne individuelle Geltendmachung erhalten würden, wenn der Anspruch »nach Ausschöpfung des gerichtlichen Instanzenzuges« feststünde. Für die jetzt ergangenen Urteile gilt eine Frist von einem Monat, innerhalb derer die Parteien Berufung einlegen können.

»Wir fordern alle Arbeitgeber mit vergleichbaren Anwendungsklauseln auf, ihren Beschäftigten die Hauptstadtzulage rückwirkend auszuzahlen.«

Benjamin Roscher (Verdi)
Stellvertretender Landesbezirksleiter

Allein für das Jahr 2025 beziffern die beiden Universitäten die Kosten für die Hauptstadtzulage auf insgesamt zehn Millionen Euro. Geld, das sie nicht haben. Nach der letzten Änderung der Hochschulverträge[2] steht den großen Bildungshäusern ein kleineres Budget zur Verfügung als ursprünglich vorgesehen. Etwaige zusätzliche Ausgaben für die Hauptstadtzulage hat der Berliner Senat nicht vorgesehen.

Von »weiteren schmerzhaften Einschnitten in den Bereichen Studium, Lehre, Forschung und Verwaltung« sprechen die beiden Universitäten für den Fall, dass es kein weiteres Geld geben sollte. »Was wir jetzt dringend benötigen, ist die verbindliche Zusage des Berliner Abgeordnetenhauses für die zusätzlich benötigten Mittel«, sagte Niels Helle-Meyer, Vizepräsident der Humboldt-Universität. »Auch im Sinne der Gleichbehandlung aller Landesbeschäftigten« erwarte seine Hochschule »ein klares Commitment«.

Am Donnerstag will das Berliner Abgeordnetenhaus den Doppelhaushalt für die kommenden zwei Jahre beschließen. Es ist der letzte Sitzungstermin vor dem Jahreswechsel und es ist unwahrscheinlich, dass die nun aufgezeigten Mehrkosten durch das Parlament so kurzfristig noch berücksichtigt werden. Gut möglich also, dass sich die schwarz-rote Koalition im kommenden Jahr schon bald mit einem Nachtragshaushalt beschäftigen müssen wird.

Dies umso mehr, wenn man den Tenor des Urteils auf weitere Betriebe überträgt, die Leistungen im Auftrag des Landes Berlin erbringen. Hierfür liegen etliche weitere Klagen bei den Gerichten zur Entscheidung. So klagen in einem weiteren Verfahren »fünf weitere Universitäten und Hochschulen aus dem künstlerischen Bereich«, wie eine Sprecherin des Arbeitsgerichts »nd« mitteilte. Eine Entscheidung hierüber soll im Februar fallen.

Das am Mittwoch zu Ende gegangene Verfahren belief sich tarifrechtlich darauf, feststellen zu lassen, ob der Tarifvertrag Hauptstadtzulage als eine Ergänzung zum Tarifvertrag für die Beschäftigten der Länder (TV-L)[3] zu betrachten ist. Die Gewerkschaft Verdi hatte zuvor erklärt, dass der von ihr ausgehandelte Tarifvertrag Hauptstadtzulage auch für all jene Beschäftigte in Berlin gelte, deren Arbeitgeber über »einen umfassenden und dynamischen tarifvertraglichen Verweis an die Entwicklungen des TV-L angebunden sind«. Das gelte für die Berliner Hochschulen, die Zentral- und Landesbibliothek, das Technikmuseum, die Stiftung Oper Berlin und einige weitere Einrichtungen, nicht aber für die freien Träger[4], bei denen berlinweit 80 000 bis 100 000 Beschäftigte arbeiten. Der stellvertretende Landesbezirksleiter von Verdi, Benjamin Roscher, sagte: »Wir fordern alle Arbeitgeber mit vergleichbaren Anwendungsklauseln auf, ihren Beschäftigten die Hauptstadtzulage rückwirkend auszuzahlen.«

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1185764.daseinsfuersorge-hauptstadtzulage-spaltet-landesbetriebe-und-freie-traeger.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1195195.wissenschaft-kuerzungen-an-berliner-unis-zaehneknirschend-unterschreiben.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1196068.streik-an-kreuzberger-schulen-tarifrunde-der-laender-berliner-lehrer-gehen-voran.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1196110.arbeitskampf-freie-traeger-wilder-streik-krankenschein-als-helferlein.html