Nach und nach treffen Bewohner*innen aus Swartland, einer weitläufigen Gemeinde nordöstlich von Kapstadt, beim Treffen ein, zu dem Surplus People Project (SPP) eingeladen hat. Hier lebt fast jeder in der ein oder anderen Form von der Landwirtschaft. Wo immer die Graswurzelorganisation SPP mit den Landarbeiter*innen und Farmbewohner*innen in den südafrikanischen Provinzen Nord- und Westkap in den Dialog tritt, berichten die Menschen von ähnlichen Geschichten, die von tiefer sozialer Ungleichheit und Ungerechtigkeit zeugen.
»Einige der Farmen, deren Weine und Früchte internationale Preise gewinnen und für Exzellenz und Nachhaltigkeit gefeiert werden, sind dieselben Orte, an denen Arbeiter*innen in Unterkünften leben, die für Tiere ungeeignet wären, wo Wasser und Strom abgestellt werden, um Widerspruch zu bestrafen, wo Kündigungen über Nacht erfolgen und Kinder unter der täglichen Bedrohung von Räumung aufwachsen. Die Regierung verfügt über Mandate und Budgets. Doch staatliche Institutionen tun oft nichts – oder schlimmer: Sie handeln im Interesse der Mächtigen«, berichtet Brian Adams, Geschäftsführer von SPP.
Die SODI-Partnerorganisation stärkt marginalisierte Gemeinden, indem sie die Bewohner*innen über ihre Rechte informiert, mit ihnen relevante Zuständigkeiten und Anlaufstellen identifiziert und sie darin unterstützt, Entscheidungsträger*innen in die Pflicht zu nehmen.
In Seminaren betrachten die Teilnehmenden zunächst die größeren Zusammenhänge. Etwa wie Ressourcen verteilt, wie Land und Wasser privatisiert werden und wie die Industrie in Südafrika zum Klimawandel beiträgt. Von dort schlagen sie den Bogen zu ihren eigenen Lebensrealitäten. Sie diskutieren etwa, was die Privatisierung von Wasser für die Bewässerung ihrer Felder bedeutet oder wie extreme Wetterereignisse ihre Ernten und damit die Ernährungssicherheit der Gemeinde gefährden. Aus dieser Analyse entstehen zugleich Impulse für kollektive Antworten. Die Teilnehmenden tauschen Wissen aus, entwickeln gemeinsame Strategien, um klimabedingte Risiken besser abzufedern, und erkunden Wege, ihre Wohn- und Nutzungsrechte, etwa über formalisierte Pachtverträge, langfristig zu sichern.
Aus dieser gemeinsamen Analyse entsteht auch der Wunsch, Missstände öffentlich zu machen und Veränderungen anzustoßen. Hier setzt die Kampagnen-Arbeit von SPP an. Ein Beispiel ist die Aufarbeitung der Farm Worker Equity Schemes. »Diese Programme waren ein zentraler, letztlich aber gescheiterter Bestandteil der frühen Bodenreform des Landes.
Die Idee war, dass der Staat im Namen der Farmarbeiter Anteile an den kommerziellen Farmen kauft, auf denen sie arbeiteten. Mehr als 20 Jahre später sehen wir, dass die meisten Farmarbeiter nichts davon hatten. Nur wenige erhielten nennenswerte Dividenden, die meisten waren nie an Entscheidungen beteiligt; einige wurden sogar von Farmen vertrieben, an denen sie angeblich Anteile besaßen«, berichtet David Neves von SPP.
Betroffene wie Andeline van Rooi fordern Wiedergutmachung. SPP und ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen helfen ehemaligen »Begünstigten«, ihre offenen Ansprüche mit Dokumenten zu belegen, und legen das Ausmaß der bis heute andauernden wirtschaftlichen Schäden für die Betroffenen offen. Die Kampagne hat das Thema erfolgreich im November auf die Agenda des südafrikanischen Parlaments gebracht. Der zuständige Ausschuss hat SPP gebeten, die Kontrollbesuche auf Farmen Anfang 2026 zu unterstützen.
Während die Behörden diese Kontrollen vorbereiten, arbeiten Menschen in den Gemeinden gemeinsam und mit wachsendem Wissen über ihre Rechte daran, ihre Lage Schritt für Schritt zu verbessern.