Am 3. Februar kommenden Jahres sollte Bernd Trete[1] im Sitzungssaal 22 des Amtsgerichts Potsdam der Prozess gemacht werden. Doch dieser Tage fand er in seinem Briefkasten ein Schreiben der Abteilung für Strafsachen: Der Termin seiner Hauptverhandlung sei aufgehoben, die Klage von Amts wegen zurückgenommen. Er brauche nicht zu erscheinen – das Wörtchen »nicht« fett hervorgehoben und zusätzlich unterstrichen.
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»Ich hatte bereits einen großen Kreis von Unterstützern angefragt und organisiert«, berichtet Trete. Freunde und Verwandte wollten demnach kommen, die Rote Hilfe, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Linke, BSW, DKP und so weiter. »Ich hätte mich gern verteidigt«, sagt Trete. »Aber so ist auch gut.«
Die Anschuldigung der Staatsanwaltschaft Cottbus lautete, der heute 67-Jährige habe Propagandamittel terroristischer Organisationen verbreitet. Konkret hatte Trete auf der Internetplattform X ein Foto mit einem roten Keil hochgeladen und auch an seinen Namen zwei rote Winkel gesetzt. Ihm wurde vorgeworfen, er habe damit die im November 2023 vom Bundesinnenministerium verbotene palästinensische Hamas[3] unterstützt. Untersagt sind mit dem Verbot auch deren Symbole, inbegriffen die roten Dreiecke, die von der Hamas genutzt werden, um in Videos oder an Hauswänden ihre Feinde zu markieren.
Trete hatte beteuert: »Ein Symbol der Hamas habe ich nicht verwendet!« Er bezog sich zu seiner Verteidigung auf das rote Dreieck, mit dem die SS einstmals politische KZ-Häftlinge gekennzeichnet hatte. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes nutzt einen solchen roten Winkel vor einem blau-weißen Hintergrund bereits seit 1947 als ihr Symbol.
Vergeblich hatte der Landtagsabgeordnete Sven Hornauf (BSW) den brandenburgischen Justizminister Benjamin Grimm (SPD) gedrängt, den Staatsanwälten des Bundeslandes per Weisung zu untersagen[4], rote Dreiecke zu verfolgen, insbesondere im Kontext antifaschistischer Betätigung. Der Minister sah dazu keine Veranlassung (»nd« berichtete).
Wie viele vergleichbare Fälle es in Brandenburg gibt, vermochte der Abgeordnete Hornauf[5] nicht abzuschätzen. Aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt wusste er aber, dass Bernd Trete kein Einzelfall sei – und immer sei an dem Hamas-Vorwurf nichts dran. Er habe jetzt schon mehrfach mit dem einschlägigen Paragrafen des Stafgesetzbuches zu tun gehabt, und immer wieder habe es sich um tendenziell antifaschistische Bestrebungen gehandelt, die kriminalisiert werden sollten, beklagte Hornauf.
»Ich hätte mich gern verteidigt. Aber so ist auch gut.«
Bernd Trete