Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Bund der antifaschistischen Kämpfer und Antifaschisten der Republik Kroatien auf seiner Homepage eine Erklärung, in der es sich »äußerst besorgt wegen der wachsenden Spaltung der Gesellschaft« zeigt, die zuletzt »deutlich zugenommen hat«. »Volle und unbestreitbare Verantwortung«, so die Antifaschisten, trage die kroatische Regierung.
Die Antifaschisten fühlen sich erinnert an das faschistische Ustascha-Regime, das 1941 nach dem Überfall Nazideutschlands in Kroatien installiert wurde und unter anderem an der serbischen Bevölkerung einen Genozid verübte.
Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens lebte der kroatische Nationalismus unter Präsident Franjo Tuđman und seiner Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) wieder auf. Dazu gehörte auch eine gewisse Rehabilitation des Ustascha-Regimes. Tuđman distanzierte sich einerseits von diesem, sagte jedoch andererseits, es sei auch ein Ausdruck des tausend Jahre alten Strebens des kroatischen Volkes nach einem eigenen Staat gewesen. Schließlich kämpften im Unabhängigkeitskrieg von 1991 bis 1995 auch paramilitärische Gruppen wie die Kroatischen Verteidigungskräfte HOS, die sich auf die Ustascha-Tradition bezogen.
Im vergangenen Jahr konnte die HDZ unter Ministerpräsident Andrej Plenković trotz Verlusten ihre Mehrheit bei den Parlamentswahlen verteidigen und ging anschließend eine Koalition mit der rechtspopulistischen Heimatbewegung DP ein. Die wurde 2020, unter anderen von ehemaligen HDZ-Mitgliedern, denen ihre Partei nicht mehr rechts genug war, gegründet.
Gestärkt durch die Rechtsverschiebung in der Regierung zeigte die rechte Szene in den vergangenen Monaten wachsende Präsenz: Am 5. Juli fand im Zagreber Hippodrom ein Konzert des Sängers Thompson statt, der immer wieder mit Ustascha–Sympathien auffiel. Bis zu einer halben Million Besucher*innen waren anwesend, darunter auch Spitzenpolitiker. Ministerpräsident Plenković brachte seine Kinder backstage, um Selfies mit dem Sänger zu machen, und Verteidigungsminister Ivan Anušić erklärte stolz, bei der Veranstaltung den Ustascha-Gruß »Za dom – spremni« (»Für die Heimat – bereit!«) skandiert zu haben.
Im November folgten mehrere Angriffe auf die serbische Minderheit im Land. So erzwangen Hooligans am 3.11. den Abbruch der Folklore-Veranstaltung »Tage der serbischen Kultur« in Split. Die lokale Gruppe der DP unterstützte den Angriff auf die Veranstaltung. Diese sei in den Tagen, in denen Kroatien der Helden von Vukovar gedenke (die Stadt fiel am 18.11.1991 in die Hände der serbischen Angreifer) eine Provokation gewesen, hieß es.
Ende November wurde landesweit ein Zeichen gegen den Rechtsruck gesetzt, als am 30. des Monats in vier Städten antifaschistische Protestmärsche stattfanden. Allein in der Hauptstadt Zagreb sollen sich 5000 bis 10 000 Menschen beteiligt haben. Zudem solidarisierten sich Menschen aus dem öffentlichen Leben des Landes, darunter Politiker*innen wie Peđa Grbin, sozialdemokratischer Bürgermeister der Stadt Pula, oder Prominente wie der Schauspieler Rade Šerbedžija.
Gleichzeitig wurde deutlich, dass der weitere antifaschistische Kampf nicht einfach werden wird. In Rijeka wurde die Demonstration von Vermummten mit Feuerwerkskörpern angegriffen, in Zadar gab es einen Blockadeversuch durch Hooligans.
Noch erschreckender ist die zunehmende Normalisierung faschistischer Kräfte durch die »bürgerliche Mitte«. Statt die Protestierenden zu unterstützen, bezeichneten unter anderem DP-Vertreter die Demonstrationen als »Forderung nach einem neuen Jugoslawien«.
Diese These wurde auch von Iva Rinčić vertreten, der parteilosen Bürgermeisterin von Rijeka, die damit ihre Weigerung begründete, an der Demonstration teilzunehmen. Der parteilose Parlamentsabgeordnete Nino Raspudić erklärte »Antifaschismus« zum stalinistischen Begriff, und Šime Erlić, der HDZ-Bürgermeister von Zadar, ermahnte die Demonstrations-Teilnehmenden, sie sollten nicht alle Patrioten als Faschisten bezeichnen.