Eine gute Nachricht vom Sonntag: Die Energieversorgung in Aceh ist vollständig wiederhergestellt, wie Darmawan Prasodjo, Direktor des Stromversorgers PT PLN, mitteilte. Allein in der autonomen Provinz am Nordzipfel von Sumatra mussten 20 Verteilstationen repariert werden.
Erleichterung auch bei vielen Menschen im Tapanuli-Distrikt in der Nachbarprovinz Nordsumatra: Die nationale Katastrophenschutzbehörde BNBP hat sieben große Trinkwasser-Tankwagen dorthin entsandt. Mit Partnern wie dem Indonesischen Roten Kreuz soll so die Versorgung für Krankenhäuser, Sammelküchen und Notunterkünfte gesichert werden, meldete die Agentur Antara.
Auf 1090 ist zuletzt die offizielle Zahl der Todesopfer in Indonesien gestiegen, 186 Personen gelten weiter als vermisst – mit geringen Aussichten, sie noch lebend zu finden. Rund 1,2 Millionen Menschen in 52 Teilgebieten von Aceh, Nord- und Westsumatra sind aus ihren Heimatorten geflüchtet. Viele wissen noch immer nicht, wohin sie wann zurückkehren sollen. Mancherorts blieb kein Stein auf dem anderen, als Zyklon »Senyar« Ende November seine zerstörerische Macht entfaltete. »Die Stadt war einfach weg«, sagte einer der rund 200 000 Einwohner von Langsa gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg.
Zeitgleich waren Indonesien, Thailand und Malaysia sowie Sri Lanka, wo ein anderer Tropensturm wütete, von der Katastrophe betroffen. Allein in Hat Yai, der größten Stadt Südthailands, fiel an einem einzigen Tag mehr Regen als sonst im ganzen Monat. Die Zahl der Toten insgesamt ist auf über 2000 geklettert. Nirgendwo war es aber so schlimm wie in Aceh, wo auch alte Traumata aufgewühlt wurden: 21 Jahre ist es her, seit zu Weihnachten 2005 der schlimmste Tsunami über die Küstenregion im westlichen Teil des Inselreiches hinwegfegte. [1]Die damals allein dort 170 000 Opfer sind unvergessen.
Sumatra ist nach der Bevölkerungszahl die fünftgrößte Insel der Welt. Vorige Woche hatte sich Präsident Prabowo Subianto persönlich ein Lagebild gemacht. Zumindest die Nothilfe komme überall an, behauptete er bei seiner Visite. Vielen Betroffenen klingt das wie Hohn. In immer mehr Orten Acehs fallen weiße Fahnen auf, heißt es in jüngsten Meldungen. Menschen wollen so auf ihre prekäre Lage hinweisen. Es fehlt nahezu an allem. Doch anders als sein marxistischer Amtskollege Anura Kumara Dissanayake auf Sri Lanka [2]weigert sich der rechtskonservative Ex-General Prabowo, den Notstand auszurufen und um internationale Hilfe zu bitten. Man komme allein klar, so der Präsident starrsinnig.
Auf Anweisung der Zentralregierung habe etwa der Bürgermeister von Medan, der größten Stadt auf Sumatra, 300 Hilfspakete aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zurückgegeben, schreibt die singapurische Zeitung »The Straits Times«. Der Vorsitzende des Regionalparlaments äußerte gegenüber der »Jakarta Post« Unverständnis über das Verhalten des Staatschefs, und viele einfache Menschen sind schlicht stinksauer.
Da hilft es wenig, dass der Finanzminister gerade verkündet hat, dass die Regierung durch Umschichtungen im Haushalt 2026 die stolze Summe von 60 Billionen Rupien, umgerechnet 3,6 Milliarden US-Dollar, für den Wiederaufbau freigeschaufelt habe. Noch vor Jahreswechsel, legte am Sonntag das Kulturministerium nach, schnüre man ein Nothilfe-Sofortpaket von umgerechnet 659 000 Dollar für die Restaurierung wichtiger Denkmäler. Bei diesen sind die Sachschäden ebenso enorm wie bei Schulen oder Krankenhäusern.
Doch warum waren die Zerstörungen gerade auf Sumatra so extrem? Indonesien gilt nach Brasilien, Bolivien und der Demokratischen Republik Kongo als Land mit der viertgrößten Vernichtung wertvoller Primärwälder. In jüngerer Zeit hatten sich die Nachrichten diesbezüglich eher auf den indonesischen Teil Borneos fokussiert – weil Sumatra schon zum großen Teil entwaldet ist. Ohne den Schutz des üppigen Bewuchses hatten die Böden den Wassermassen kaum Widerstand entgegenzusetzen.
Die Flutkatastrophe hat überdies ökologische Zerstörungen verursacht: Von den zuvor noch 800 Tapanuli-Orang-Utans, der seltensten Unterart dieser Menschenaffen, sollen Dutzende umgekommen sein. [3]»Es ist ein totales Desaster«, zitierte der britische »Guardian« den Anthropologen Erik Meijaard, der sich als einer der ersten Experten ein Bild von der Situation vor Ort machte. Dieser Verlust bringe die Spezies, deren Lebensraum durch Palmölplantagen und Bergbau ohnehin stetig schrumpft, dem Aussterben noch näher.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1196371.suedostasien-indonesien-soll-es-allein-schaffen.html