Rätselraten über Ziele des Nahostgipfels

Washington will riesiges Spektrum von Teilnehmern des Treffens – offen bleibt der Zweck

  • Oliver Eberhardt, Jerusalem
  • Lesedauer: 2 Min.
Eine Woche vor dem Beginn des Nahostgipfels am 27. November in den USA hat Washington die Einladungen verschickt: 49 Staaten, Organisationen und Personen will man dabei haben. Wozu das dienen soll, ist unklar.

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. In Jerusalem, Tel Aviv, Ramallah und anderswo packen Journalisten die Koffer, versuchen auf den letzten Drücker ein Journalisten-Visum bei den mit dem Ansturm völlig überforderten US-amerikanischen Konsulaten zu bekommen, während aller Orten Politiker und deren Berater damit beschäftigt sind, entweder über die Tagesordnung des Gipfels zu rätseln oder gegen etwaige Zugeständnisse zu wettern.

Allerdings: Gemein ist allen die Skepsis, die mittlerweile auch vom US-Außenministerium gefördert wird. Man rechne nicht mit einem Durchbruch, hieß es dort am Dienstag, kurz nachdem bekannt gegeben wurde, dass die Einladungen jetzt rausgehen würden.

49 Staaten, darunter Sudan, Libyen und China, aber auch Syrien und Saudi-Arabien, Organisationen wie die Europäische Union und die Weltbank sowie Privatpersonen wie der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter hätte Washington gerne dabei – eine Zahl, die bei Weitem die Teilnehmer an vorherigen Nahostgipfeln überschreitet und in der Region die Angst verstärkt hat, dass – worüber auch immer gesprochen werden wird – einzelne wichtige Themen untergehen könnten.

Diese Sorge war vor allem in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten von Anfang an da und von US-Außenministerin Condoleezza Rice nur durch die Zusage gedämpft worden, der Fokus des Treffens in Annapolis werde auf der Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts liegen.

Das Ziel sei die palästinensische Unabhängigkeit bis zum Ende der Amtszeit von Präsident George W. Bush im Januar 2009, erklärte ein Sprecher des Weißen Hauses am Dienstagabend (Ortszeit). Mit dem Gipfel wolle man zum Endspurt, also den Statusverhandlungen, übergehen, die dann in einen palästinensischen Staat übergehen sollen, hieß es.

Auffällig ist dabei, dass der Sprecher jede Aussage zu den dafür notwendigen Siedlungsräumungen vermied. Wegen der hohen Kosten und des zu erwartenden Widerstandes werden sie mehrere Jahre dauern und außerdem unschöne Bilder liefern, die Washington nach Ansicht von US-amerikanischen Korrespondenten in Israel am liebsten erst nach den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr auf den Bildschirmen der Welt sähe, denn zu den Wählern der Republikaner zählt eine große Zahl von christlichen Fundamentalisten, die das Westjordanland als Teil Israels sehen und eine US-amerikanische Unterstützung von Siedlungsräumungen als Ausverkauf republikanischer Werte betrachten könnten.

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