Sparkasse spart Tarif

Vogtland steigt aus / Arbeitskampf erwartet

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Sparkasse Vogtland zahlt keinen Tarif des öffentlichen Dienstes mehr. Die Gewerkschaft fürchtet einen Sog, die Belegschaft rüstet zum Streik.

Es ist Jahrzehnte her, dass in einer Sparkasse in Deutschland gestreikt wurde. Im Vogtland wird es am 9. Januar eine Arbeitsniederlegung geben – »zur Not unbefristet«, sagt Stefan Wittmann, Fachbereichsleiter der Gewerkschaft ver.di. Grund ist ein bislang beispielloser Schritt: Die Sparkasse will nicht länger den Tarif für den öffentlichen Dienst zahlen – als erste in Deutschland.

Schon jetzt steuert der Vorstand des Plauener Instituts einen straffen Sparkurs. Von einst 820 Mitarbeitern wurden 320 in Tochterunternehmen ausgelagert. Dazu gehört laut ver.di eine Firma, in der 40 Mitarbeiter, überwiegend Quereinsteiger ohne Ausbildung, Sparkassenprodukte an der Haustür vertreiben – in Konkurrenz zu den Sparkassen-Beratern.

Auch diesen drohen niedrigere Gehälter, obwohl im Vogtland bereits jetzt unter Tarif gezahlt wird. Laut ver.di erhalten gestandene Kundenberater zwischen 9,78 und 14 Euro je Stunde, Neueinsteiger nur 8,22 Euro. Der Tarif sieht Stundenentgelte von 13,50 bis 17 Euro vor. Die Angestellten würden wie vielerorts zu niedrig eingestuft, sagt Wittmann, der aber anmerkt, »einige« der 76 Sparkassen im Osten bezahlten auch nach Tarif.

Dem Institut in Plauen, das zuletzt 3,5 Millionen Euro Gewinn einfuhr, ist die Einsparung nicht mehr genug. Geplant ist ein »Leistungslohn«; ein Drittel der Gehälter soll »erfolgsabhängig« gezahlt werden.

Schon bisher ist die Vogtland-Sparkasse unrühmlicher Vorreiter bei der Aushöhlung des Tarifnetzes. 2005 verließ das Institut, das zur Sachsen Finanzgruppe (SFG) gehört und so nicht mehr direkt in kommunaler Trägerschaft ist, den Arbeitgeberverband. Für Stellungnahmen zur Tarifflucht waren gestern weder der Landrat des Vogtlandes noch Plauens OB zu erreichen, die der SFG-Anteilseignerversammlung angehören. Wittmann sieht das Grundanliegen der öffentlich-rechtlichen Geldinstitute konterkariert: »Es geht nicht mehr um das Gemeinwohl, sondern nur noch um maximalen Ertrag.«

Um eine einsame Entscheidung handelt es sich laut Gewerkschaft nicht: »Man testet etwas aus«, sagt Wittmann, der auch für alle anderen Sparkassen im kommenden Jahr harte Tarifgespräche erwartet. Neben der anstehenden Ost-West-Angleichung will ver.di bis zu sieben Prozent Plus erreichen. Die Arbeitgeber im Osten sind offenbar nur bereit, ersteres zu gewähren. Gewerkschafter rechnen mit dem »längsten und teuersten« Arbeitskampf seit Langem. In Plauen wappnen sich die Mitarbeiter bereits: Der Organisationsgrad von ver.di stieg binnen eines Monats von acht auf 70 Prozent.

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