Kasparow in Russland chancenlos

ND-Interview mit seinem langjährigen Kontrahenten Anatoli Karpow

  • Lesedauer: 2 Min.
Während seiner fünftägigen Haft in Moskau hätte Oppositionsführer Garri Kasparow beinahe Besuch von seinem ehemaligen Schach-Rivalen Anatoli Karpow bekommen. Doch auch der wurde nicht vorgelassen.
Anatoli Karpow (li.) und Garri Kasparow
Anatoli Karpow (li.) und Garri Kasparow

ND: War die Verhaftung Kasparows und das Besuchsverbot eine Gesetzesverletzung?
Karpow: Ungesetzlich war auf jeden Fall, dass sie ein Päckchen mit Lebensmitteln und Büchern von seiner Mutter nicht durchließen.

Amnesty International sagt, der Kreml plante schon lange, Kasparow kurz vor den Wahlen aus dem Verkehr zu ziehen.
Ich weiß nicht. Es kann sein, dass sie es vorhatten. Nach dem Motto: »Wenn er etwas Illegales tut, also Widerstand leistet, dann bekommt er Probleme.« Seine Verhaftung hat aber nicht Putin veranlasst.

Warum wollten ausgerechnet Sie ihn besuchen?
Aus rein menschlichen Motiven. Ich glaube zu verstehen, wie ekelhaft es ist, im Knast zu sitzen.

Obwohl Sie beide wahrlich keine Freunde sind …
Das sind wir in der Tat nie gewesen. Aber selbst in den härtesten Zeiten gab es immer diplomatische Beziehungen zwischen uns. Wir achten einander. Und weil Kasparow jetzt in einer solchen Situation war, wollte ich mich einfach erkundigen, wie es ihm geht.

Teilen Sie Kasparows politische Ansichten?
Nein. Ich denke, es war überhaupt ein Fehler von ihm, nach seiner Schachlaufbahn in die Politik zu gehen. In Russland jedenfalls hat er nicht die geringste Chance.

Bezahlen ihn möglicherweise die US-Amerikaner dafür, dass er Putin regelmäßig provoziert?
Das ist durchaus möglich. Auskunft darüber kann nur sein Bankkonto geben.

Sie gelten als Anhänger Putins. Warum ist er in Ihren Augen der richtige Präsident?
Weil er die richtige Politik macht. Unser riesiges Land braucht einen Mann mit starken Nerven und starker Macht.

Viele sehen Putin als Diktator.
Nein. Das ist er nicht.

Haben Sie nach der Freilassung mit Kasparow gesprochen?
Ja, wir hatten ein gemeinsames Rundfunkinterview bei Echo Moskau. Er sagte dort, er war erstaunt, dass ich ihn in der Haft besuchen wollte, weil das praktisch kein anderer versucht hat. Kein Schachspieler, kein politischer Anhänger.

Gespräch: Dagobert Kohlmeyer

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