Verpuffen 175 000 Stimmen?

VVN-BdA beendet Unterschriftensammlung für ein Verbot der NPD / Werner Pfennig ist Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)

  • Lesedauer: 3 Min.
Fragwürdig: Verpuffen 175 000 Stimmen?

ND: Ihre Kampagne »nonpd – NPD-Verbot jetzt!« ist nach neun Monaten beendet. Mit welchem Ergebnis?
Pfennig: Wir hatten zu Beginn der Aktion vor, 100 000 Unterschriften zu sammeln und unsere Vorgabe im Juni noch mal auf 150 000 erhöht, weil die Beteiligung so groß war. Und jetzt, nach Abschluss der Aktion am 9. November, haben wir über 175 000 Unterschriften gesammelt. Das ist eine sehr große Resonanz in der Bevölkerung.

Wer hat Sie bei der Sammlung unterstützt?
Gewerkschaften wie ver.di, IG-Metall und GEW, Ortsverbände aller demokratischen Parteien, auch z. B. der CSU. Bürgermeister aus vielen Städten wie Halle, Weimar, Wunsiedel oder aus Bremen, Augsburg und Nürnberg. Den Aufruf unterstützt haben auch viele Jugendverbände, Landesschülervertretungen, Sportvereine, Einzelpersonen und Betriebsräte. Der Vertrauenskörper von VW hat beispielsweise allein 10 000 Unterschriften gesammelt.

Welche Reaktionen gab es aus der Politik auf Ihre Kampagne?
Von vielen Seiten haben wir Zustimmung erhalten. Die meisten Argumente, die dagegen kamen, waren juristische Bedenken, man könne die Verfassungsspitzel nicht zurückziehen. So wie auch die Bundesjustizministerin, die weitgehend eigentlich unserer Auffassung war, am Schluss aber sagte, sie sei dagegen, da man die V-Leute noch bräuchte. Das ist ein abwegiges Argument, aber Dreh- und Angelpunkt, weil das erste Verfahren daran gescheitert ist. Aus unserer Sicht würde es genügen, das Programm der NPD, ihr Treiben und die Beteiligung an Gewalttaten offenzulegen. Das ist nachprüfbar und würde für ein neues Verfahren ausreichen. Dann gibt es noch den Irrtum, zu sagen, das NPD-Verbot nütze nichts, weil sie weiterhin da sind. Das wissen wir auch. Aber ein Verbot ist wichtig, damit sie keine Steuergelder kassieren, um ihr Unwesen treiben zu können.

Die Unterschriften wollen Sie mit einem Brief dem Bundestag übergeben. Glauben Sie, dass Sie Gehör finden?
175 000 Unterschriften können nicht verpuffen. Es gibt einen Stimmungswandel hin zum NPD-Verbot. Wir fordern die Bundestagsabgeordneten auf, ein neues Verfahren einzuleiten. In dem Brief verweisen wir darauf, dass uns viele Abgeordnete unterstützt haben, aber auch darauf, dass der Bundestagspräsident und der Petitionsausschuss es abgelehnt haben, die Unterschriften anzunehmen. Mit diesen Unterschriften von so vielen Bürgerinnen und Bürgern hat man uns schlicht an die Poststelle verwiesen. Und das tut unheimlich weh.

Die SPD spricht sich für ein neues Verbotsverfahren aus – ernst gemeinter Tatendrang?
Die SPD hat auf ihrem Parteitag einen Antrag angenommen, ein neues Verbotsverfahren einzuleiten. Wir hoffen, dass sie sich daran hält und das auch in die Koalition einbringt. Innerhalb der SPD war das Thema umstritten. Das hat sich aber zugunsten eines neuen Verfahrens geändert. Ich unterstelle, dass von Seiten der SPD nun Druck für ein NPD-Verbot gemacht wird, dem man nur Nachdruck verleihen muss.

Wie werden Sie das nach Ende der Kampagne weiter tun?
Wir werden jetzt über eine Nachfolgekampagne beraten. Denkbar wäre zum Beispiel »V-Leute abschalten«, kriminelle Strukturen der NPD offen zu legen und ihre Programme zu entlarven, mit der sich die NPD zunehmend auch als Bewahrer des Sozialstaates aufspielt. Was natürlich eine große Lüge ist.

Fragen: Mark Wolter

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