Aus dem Nähkästchen geplaudert?

PIN Group dementiert Meldungen über einen geplanten Einsatz von Zeitungszustellern

  • Anke Engelmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Will die PIN Group künftig Zeitungszusteller einsetzen, um den Mindestlohn zu unterlaufen? Eine entsprechende Meldung sorgte gestern für Aufruhr.

Eine Managerin der PIN Group, die lieber nicht erkannt werden will, hat aus dem Nähkästchen geplaudert – so schildert es die »Financial Times Deutschland«. Demnach plane der Briefdienstleister PIN, Zusteller von Zeitungsverlagen und regionalen Briefdiensten einzusetzen, um den Mindestlohn zu unterlaufen.

Die Meldung bescherte der PIN auch heute wieder Schlagzeilen. Bei der Zentrale in Luxemburg bestreitet man ein solches Vorhaben. »Wir haben das so nicht gesagt«, beteuert Sprecherin Mandy Simon. Stattdessen prüfe das Unternehmen mit Hilfe einer Unternehmensberatung »verschiedene Geschäftsmodelle«. Darunter auch die Option, die PIN Group ganz zu schließen, so die Sprecherin. Sie bestätigte zudem die Kündigung von 880 Mitarbeitern und wollte weitere Kündigungen nicht ausschließen. Der Schwerpunkt liege dabei auf den Ländern Niedersachsen und Bayern, so eine Presseerklärung des Unternehmens.

Unklar ist die Position des Bundeskartellamtes, bei dem die PIN Group ein Eilverfahren beantragt hatte. Der Tarifvertrag, den der von der Deutschen Post dominierte Arbeitgeberverband Postdienste mit der Gewerkschaft ver.di ausgehandelt hat, verhindere einen Wettbewerb, so ihre Begründung. Das Kartellamt müsse eine Ausweitung dieses »Blockadelohns« auf die gesamte Branche verhindern. Das Amt sei für die PIN Group nicht zuständig, hatte ein Sprecher des Kartellamtes am Donnerstag einer Nachrichtenagentur erläutert. In der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« hatte Kartellamtspräsident Bernhard Heitzer jedoch die Mehrwertsteuerbefreiung der Deutschen Post als »ein Element« kritisiert, das »den Wettbewerb stark behindert«.

Bei der Gewerkschaft ver.di sieht man die jüngsten Schlagzeilen als weiteren Erpressungsversuch. »Jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben«, sagte ver.di-Sprecherin Cornelia Haß. Das Unternehmen solle seine Energie lieber darauf konzentrieren, ein »vernünftiges Geschäftskonzept« zu entwickeln, das nicht auf der Ausbeutung seiner Mitarbeiter beruhe. Die PIN Gruppe, die nach eigenem Bekunden mehr als 9000 Mitarbeiter beschäftigt und ein tägliches Volumen von rund 3,2 Millionen Sendungen bewegt, unterhält in Deutschland mehr als zwei Dutzend Tochtergesellschaften.

Das Konzept, Zeitungsausträger für die Briefzustellung einzusetzen, hält die Gewerkschafterin für nicht praktikabel. Die Axel Springer AG, die seit Juli Mehrheitsgesellschafter der PIN Group ist, kündigte indes an, eine solche Strategie nicht mitzutragen. »Eine Umgehung der Bestimmungen zum Mindestlohn kommt nicht in Frage«, sagte gestern eine Sprecherin. Von der Linkspartei kam indes Kritik am Mindestlohn-Tarifvertrag: Dessen Neufassung, die die Union mit ihrer Blockade erzwungen habe, lasse eine »Hintertür für Lohndumping« offen, so der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Werner Dreibus.

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