Neue Studie – alter Streit

Leukämie nahe AKW bloß Statistik-Effekt?

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 1 Min.
Das Risiko für Kinder, an Leukämie zu erkranken nimmt nach einer Studie zu, je näher ihr Wohnort an einem Kernkraftwerk liegt. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz, wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als Auftraggeber der Studie mitteilt. Die Studie hatte ergeben, dass im Fünf-Kilometer-Umkreis der 16 deutschen Kernkraftwerke 37 Kinder im Untersuchungszeitraum von 1980 bis 2003 neu an Leukämie erkrankt sind. Im statistischen Durchschnitt wären nach Darstellung der Wissenschaftler nur 17 Fälle zu erwarten gewesen. Etwa 20 Neuerkrankungen seien also allein auf das Wohnen in diesem Umkreis zurückzuführen. Soweit deckt sich der Befund mit den alten Vorwürfen der Atomkraftwerksgegner.

Allerdings bringt die Studie darüber hinaus nichts wirklich Neues. Denn so wie die AKW-Gegner sich von dem Ergebnis bestätigt sehen, so wird vom Bundesamt für Strahlenschutz und erst recht von der Atomlobby das ebenso alte Argument vorgebracht, dass nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand die Strahlenbelastung der Bevölkerung durch den Betrieb der Atommeiler zu niedrig sei, um den beobachteten Anstieg des Krebsrisikos zu verursachen. Die Lobbyorganisation »Deutsches Atomforum« erklärt das Ergebnis gleich ganz zum statistischen Artefakt, weil die Standorte »zu einem fiktiven gemeinsamen Standort« zusammengefasst worden seien.

Bleibt natürlich bei allem berechtigten Zweifel an statistischen Methoden die Frage, warum nicht ein guter alter Grundsatz der Naturwissenschaft zur Anwendung kommt: Wenn die hergebrachten Vorstellungen und Theorien nicht mehr zu den empirischen Daten passen, sollte man über die Theorie neu nachdenken. Zumal das am längsten und am meisten kontrovers diskutierte Beispiel der Elbmarsch bei Krümmel durchaus den Gedanken nahelegt, dass zeitweilig erhöhte Radioaktivität infolge von erfolgreich verschleierter Schlamperei die nötige Strahlendosis zur Statistik lieferte. StS

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