Der Aufsteiger

Wolfgang Meyer / Der Ex-Gewerkschafter treibt die Privatisierung der Bahn voran

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit Übernahme des Ruhr-Sieg-Netzes zwischen Essen und Siegen am Sonntag hat die Essener Privatbahn Abellio Rail ihren Vormarsch im nordrhein-westfälischen Schienenpersonennahverkehr fortgesetzt. In wenigen Jahren hat sich Abellio landesweit zur Nummer Zwei entwickelt und verdrängt zunehmend die DB-Regio im Ausschreibungswettbewerb.

Abellio-Chef Wolfgang Meyer lässt sich gerne als neuer Eisenbahn-Star feiern, der Großes vorhat. Der aus der Privatisierung der Essener Verkehrs AG hervorgegangene Abellio-Konzern gehört mittlerweile zu 75,1 Prozent dem schottisch-spanischen Bankenkonsortium Star Capital. Dieses wittert im staatlich subventionierten deutschen Regionalverkehr hohe Renditen. Dafür ist Meyer der Richtige.

Von seiner gewerkschaftlichen Vergangenheit will er indes wenig wissen. »Nach Ende seiner Schulzeit war er von 1972 bis 1995 in unterschiedlichen Funktionen im öffentlichen Sektor in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg tätig«, erklärt die Abellio-Website. In Wirklichkeit hat der 52-Jährige einen steilen Aufstieg hinter sich: er wurde Gewerkschaftssekretär, ÖTV-Aufbau-helfer in Frankfurt (Oder), ÖTV-Kreisgeschäftsführer in der Ruhrmetropole Essen, Arbeitsdirektor der Essener Verkehrs AG.

Die Diagonalkarriere geht weiter. Bei einer Anhörung im Bundestag verkündete Meyer 2006 seine Absicht, die DB Regio aufzukaufen; das nötige Kleingeld liefert Star Capital. Meyer schweben bei der Privatisierung der DB britische Zustände vor; der Staat soll die (teure) Infrastruktur behalten und alles andere kann zerschlagen und privatisiert werden. Die Ausbildung der jetzt neu eingestellten Treibfahrzeugführer ließ sich Abellio von der Essener Agentur für Arbeit subventionieren. Einen Betriebsrat, wie er jetzt nach Angaben der Gewerkschaften Transnet und GDL gewählt werden soll, hat es bei Abellio Rail bisher nicht gegeben.

Der Abellio-Chef pflegt gute Kontakte zu Entscheidungsträgern bei Ausschreibungen und konnte Ex-Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) als Lobbyisten gewinnen. Wie Meyer hat auch MdB Bodewig seine Karriere in Gewerkschaftsdiensten begonnen und dann die finanziellen Vorzüge eines Seitenwechsels entdeckt.

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