Grüner Anstrich für Biosprit

Konferenz diskutierte Folgen des Anbaus von Energiepflanzen

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Teilnehmer der internationalen Konferenz »Politik gegen Hunger: Bioenergie und Ernährungssicherheit« diskutierten drei Tage lang in Berlin darüber, wie die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln gewährleistet und trotzdem der steigenden Nachfrage nach Bioenergie nachgekommen werden könne.

Das Dilemma verschärft sich zunehmend: Unternehmer haben den weltweiten Markt für Energiepflanzen entdeckt und beanspruchen immer mehr Fläche – koste es, was es wolle. Gleichzeitig hungern immer noch 850 Millionen Menschen, vorwiegend in Afrika und Asien, und weltweit steigen die Lebensmittelpreise.

»Die Zeit der billigen Nahrungsmittel ist vorbei«, erklärte Alexander Müller, Generaldirektor bei der UN-Ernährungsorganisation FAO, am Mittwoch auf einer vom Bundeswirtschaftsministerium veranstalteten Konferenz über die Folgen von Bioenergie. Daran sei aber nicht nur die Flächenkonkurrenz zwischen dem Anbau von Nahrungs- und Energiepflanzen schuld, sondern auch eine Reihe weiterer Faktoren. Dazu zählen die gestiegene Nachfrage nach Lebensmitteln – vor allem nach Fleisch – sowie schlechte Ernten und Finanzspekulationen.

Die Förderung von Bioenergie ist ein Kernanliegen der Bundesregierung. So ist im kürzlich vom Kabinett abgesegneten Klimaschutzpaket festgeschrieben, dass Biomasse an der Erreichung des Erneuerbaren-Energien-Ziel von 20 Prozent einen beträchtlichen Anteil haben soll. Allein die Biokraftstoffquote soll bis 2020 auf 17 Prozent ansteigen. Prognostiziert wird derzeit, dass allein in Deutschland auf über fünf Millionen Hektar Pflanzen für den Energiebedarf wachsen werden. Der frühere Direktor des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, kritisierte auf der Konferenz die starke Förderung der flüssigen Biokraftstoffe. Es gebe weit-aus effizientere Wege, um pflanzliche Rohstoffe energetisch zu nutzen, beispielsweise in der Wärme- und Stromerzeugung. Es werde aber immer nur von der Nachfrageseite her gedacht, statt zu überlegen, wie man am sinnvollsten mit den Rohstoffen umgehen könne.

Damit das Klimapaket nicht in Verruf gerät, hat die Bundesregierung Anfang Dezember ein Nachhaltigkeitsabkommen für Bioenergie beschlossen. Das wolle man nun so schnell wie möglich umsetzen, betonte Ursula Heinen, Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium. Da-rin sind eine Bewertung und Zertifizierung von Biomasseprodukten vorgesehen. FAO-Vertreter Müller erklärte zudem, dass sich auch die internationalen Spielregeln ändern müssten. Der Druck auf die Welthandelsorganisation, nachhaltigen Kriterien mehr Bedeutung beizumessen, habe sich enorm erhöht.

Entwicklungshilfeorganisationen wie FIAN und Misereor ist das Engagement der Bundesregierung in Sachen Nachhaltigkeit allerdings zu schwach. Sie halten der Politik vor, dass in dem Nachhaltigkeitsabkommen keine sozialen Standards vorgesehen seien. Menschenrechtsverletzungen – wie die Vertreibungen der Bevölkerung von Grund und Boden, was in Kolumbien und Indonesien mittlerweile massenhaft vorkäme – würden demnach bei der Zertifizierung der Bioenergieprodukte ignoriert.

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