nd-aktuell.de / 20.12.2007 / Kultur / Seite 11

Die Königin der Königinnen

Elizabeth – Das Goldene Königreich (The Golden Age) von Shekhar Kapur

Hanno Harnisch

Man kann sich an Cate Blanchett kaum sattsehen in diesem Film. Wenn das nur sein einziger Sinn wäre – er ist aufgegangen. Wie auf zeitgenössischen Gemälden gibt sie der zweidimensionalen Leinwand Raum. Mal erstrahlt diese Frau in jüngferlichem Weiß, mal in prächtiger rotsamtener Robe, mal in eisenglänzender Rüstung und mal perückenlos und fast nackt in ihrem königlichen Schlafgemach. Verletzlich und verletzend kann sie sein, hart und weich, unnahbar und Nähe suchend, ohnmächtig manchmal vor ihrer Macht und eifersüchtig in ihrer Leidenschaft.

Das Gesicht der 38-jährigen Australierin Cate Blanchett kann fast alles. Gnadenlos pergamenten scheinen, wenn diese Elizabeth I. Maria Stuart, die schottische Königin, köpfen lässt. Als ihr Vater, Heinrich VIII., ihre Mutter Anne Boleyn einen Kopf kürzer machen ließ, war Elizabeth gerade drei Jahre alt. Heinrich wandte sich von Rom ab. Sie ist selber leidenschaftliche Protestantin. Doch woher kommt dann ihre Veranlagung zur Jungfräulichkeit, die sie oft so überaus leidend aussehen lässt?

Nach seiner »Virgin Queen« hat ihr Favorit, der Seefahrer Walter Raleigh (kernig dargestellt von Clive Owen) die von ihm eroberten Gebiete in der Neuen Welt benannt. Er präsentiert ihr (auch filmisch opulent: Kartoffeln, Tabak und Indianer) bei Hofe seine Gaben von Übersee.

Regisseur Shekhar Kapur lässt diesen Kerl sogar den Sieg über die Armada des Spanischen Königs Phillip II. (karikiert von Jordi Mollà) erringen. Da gerät die Realgeschichte schon ein wenig aus den Fugen. Da kommt das große Ausstattungsspektakel eher in die Nähe eines Computerspiels als einer richtigen Seeschlacht.

Ist es gut, wenn ein Regisseur eines Historienfilmes vorneweg erklärt, dass er sich für Geschichte eigentlich nicht interessiert? Ja und nein. Es soll ja kein Schulfernsehen werden, sondern ein Kinofilm. Popcornkompatibel. Opulent. Das ist ihm gelungen. Er baut auf Melodram und somit auf Menschlichkeit. Kleine Gesten, bedeutungsvolle Blicke können manchmal mehr sagen als historisierende und belehrende Dialoge. Wenn Elizabeth spricht, dann in Kernsätzen. »Ich werde mein Volk nicht für seinen Glauben, sondern nur für seine Taten bestrafen.«

Wir wissen aus der Geschichte, dass diese Frau, die wir als 50-Jährige sehen, noch 20 Jahre mehr Regentin von England sein wird. Dass sie ihr Land nach dem Sieg über die Armada Spaniens zur Kolonialmacht ausbaute. Doch das wird uns in diesem Film noch nicht erzählt. Vorweggenommen allerdings durch die Ankündigung des Regisseurs, aus seiner Begeisterung von dieser Königin unter den Königinnen eine Trilogie zu machen. Mit »Elizabeth« hat es 1998 angefangen. Zum Ende des Films verkündete die junge Monarchin – auch damals Cate Blanchett –, sie sei »mit England vermählt«.

Jetzt also das »Goldenen Königreich«. Wie wird die alte Elizabeth aussehen? Wie will diese Schauspielerin uns wieder an sie fesseln? Sie wird es meistern. Trotz der Geschichte. Mit Shekar Kapur.