Zuma verdrängt Mbeki von ANC-Spitze

Nach seiner parteiinternen Schlappe geht Südafrikas Präsident geschwächt in seine Endphase

  • Eric Singh, Polokwane
  • Lesedauer: 3 Min.
Thabo Mbeki hat sich verkalkuliert. Bis zuletzt glaubte er, seinen Widersacher Jacob Zuma als ANC-Vorsitzenden durch seine eigene Kandidatur verhindern zu können. Zuma hat nach seinem klarem Sieg nun freie Bahn zur Präsidentschaft – es sei denn, die Justiz macht ihm doch noch einen Strich durch die Rechnung.

Die erbitterste Wahlschlacht in der Geschichte des Afrikanischen National Kongresses (ANC) ist vorbei: Der Kampf um die ANC-Führung wurde am 18. Dezember 2007 genau um 20.55 Uhr Ortszeit entschieden. Der neue ANC-Präsident bis 2012 heißt Jacob Zuma, wie Nelson Mandela ehemaliger Gefangener auf Robben Island. Er erhielt mit 2329 Stimmen 824 Stimmen mehr als sein Widersacher, der jetzige amtierende ANC- und Staatspräsident Thabo Mbeki, der nur auf 1505 Stimmen kam. Als Vizepräsident steht Zuma künftig Kgalema Motlanthe zur Seite. Und als neue Generalsekretärin des ANC wurde die jetzige Präsidentin des südafrikanischen Parlaments gewählt, Baleka Mbete. Somit ist das neue Führungstrio komplett.

Obwohl es heißt, dass es nicht um eine grundlegende Änderung der Politik des ANC ging, sondern lediglich um Personen, wird das Ergebnis der Wahl als ein Linksruck in der Politik Südafrikas betrachtet. Und alles in allem ist es eine verheerende Niederlage für Thabo Mbeki und seine eher zentristische Politik.

Als wir am vergangenen Sonnabend in Polokwane, der Hauptstadt der nördlichsten Provinz Limpopo, von Südafrika ankamen, war klar, dass der ANC in zwei Lager geteilt war. Erstens in die Befürworter des jetzigen ANC-Präsidenten und südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki und zweitens in die Anhänger des stellvertretenden ANC-Präsidenten Jacob Zuma.

Die Entscheidung, wer der neue ANC-Präsident ist, sollte eigentlich bereits am Sonntag fallen. Die Fronten waren jedoch äußerst verhärtet. Die Gräben wurden noch vertieft durch die Diskussion um das Prozedere: manuelle oder elektronische Auswertung der Wahl? So kam es nach einer sehr hitzigen Debatte zu einer weiteren Verzögerung. Das Zuma-Lager und vor allem die ANC-Jugendliga sprachen sich für die manuelle Auszählung aus, weil man aufgrund verschiedener Pannen skeptisch geworden war. Probleme gab es zum Beispiel bei der Registrierung der Delegierten, sodass einige ihre Akkreditierung erst nach drei Tagen erhielten. Dagegen sprach sich das Nationale Exekutivkomitee (NEC) für die elektronische Auswertung aus..

Mbeki hätte eigentlich erkennen müssen, dass er auf verlorenem Posten stand. Schließlich hatte er schon zu Beginn des Parteitags bei der Frauenquote eine schwere Niederlage erlitten. Zwar wurde Übereinstimmung erzielt, dass die Anzahl der NEC-Mitglieder von 60 auf 86 Mitglieder erhöht werden soll und die Neuen je zu 50 Prozent von männlichen und weiblichen Mitgliedern zu besetzen sind.

Bei der Besetzung der sechs Toppositionen kam es indes zu erbitterten Auseinandersetzungen. Mbeki und seine Anhänger schlugen hier ebenfalls eine Hälfte Männer und eine Hälfte Frauen vor. Sie hegten die Hoffnung, Zuma damit zu schwächen. Doch die überwiegende Mehrheit der Delegierten entschied sich dagegen, obwohl viele Frauen sich für die höchsten Ämter bewerben. Diese Niederlage war für Mbeki so vernichtend, dass viele seiner Berater vorschlugen, er solle von der Kandidatur als ANC-Präsident zurücktreten, was dieser jedoch ablehnte. Mbeki war immer noch der Meinung, dass seine Lage nicht hoffnungslos sei, und er hat bis zuletzt gehofft, dass er gewinnen könne. Genau wie einst Helmut Kohl hielt er sich für unbesiegbar und sah nicht die Zeichen der Zeit.

Analysten machten die große Distanz Mbekis und seiner Regierung zur Masse der Bevölkerung verantwortlich für die Wahl Zumas; der habe es verstanden, die Enttäuschten und Unverstandenen hinter sich zu scharen. Vor allem in seiner traditionsbewussten Heimatprovinz KwaZulu-Natal nährte seine Wahl Hoffnungen. Nach zwei Präsidenten vom Stamm der Xhosa – Mandela und Mbeki - zeichne sich nun mit Zuma eine Zulu-Ära ab. Für die vermeintliche Dominanz von Xhosa-Politikern kursierte gar das böse Wort einer »Xhosa-Nostra« – in Anlehnung an den Namen der Mafia-Organisation Cosa Nostra.

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