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Naumann ist kein »alter Bertelsmann«

Horst Bethge unterlag im Prozess gegen Hamburgs SPD-Spitzenkandidaten

  • Michael Sommer, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Vorstandsmitglied der Hamburger LINKEN Horst Bethge darf SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann nicht »alter Bertelsmann« nennen. Ob die gestrige Entscheidung am Hamburger Landgericht ein Omen für die Bürgerschaftswahl im Februar sein wird, muss sich erst zeigen.

Horst Bethge wurde vor der Pressekammer des Gerichts untersagt, »zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, Michael Naumann sei ein alter Bertelsmann« und den Eindruck zu erwecken, er sei mit seinem Wissen und Wollen vom BND geführt worden und habe ihm Informationen zugetragen.

In einer E-Mail an Gewerkschaftskollegen hatte Horst Bethge im April dieses Jahres über Michael Naumann geschrieben, der Bürgermeisterkandidat der SPD sei ein »alter Bertelsmann«, denn er gehöre als Verleger und Journalist zum Konzerngeflecht Bertelsmann, Bucerius, Gruner und Jahr und Holzbrinck. Außerdem hatte Bethge geschrieben, Naumann sei beim Bundesnachrichtendienst (BND) unter dem Decknamen NORD-DORF als Vertrauensjournalist geführt worden. Beide Äußerungen wollte der SPD-Mann Bethge verbieten lassen (ND berichtete).

Vor Gericht bekam Naumann mit seinem Ansinnen gestern Recht. Die Bezeichnung »alter Bertelsmann« verstehe »der durchschnittliche Leser« so, dass Naumann ein Mitarbeiter von Bertelsmann gewesen sei. Die »kapitalmäßigen Verflechtungen« zwischen Bertelsmann und Verlagen, bei denen Michael Naumann beschäftigt gewesen sei, ließen aber »keinerlei nennenswerte Einflussmöglichkeiten« von Bertelsmann auf ehemalige Arbeitgeber Naumanns erkennen, so der vorsitzende Richter Andreas Buske in seiner Urteilsbegründung. Dass Naumann unter dem Decknamen NORD-DORF dem BND Informationen zugetragen habe, sei nicht bewiesen worden und habe daher »als unwahr zu gelten«, so Buske.

Eine klare Niederlage für Bethge. Wie ein Verlierer wirkte der Mann nach der Urteilverkündung jedoch nicht. Die Gerichtsentscheidung werde sich als Pyrrhussieg für den Sozialdemokraten erweisen. Naumann habe mit dem Verfahren versucht, den Wahlkampf in den Gerichtssaal zu verlegen. Mehr noch: Naumann versuche so, seinen politischen Gegner auf juristischem Wege »mundtot zu machen«. Das werde ihm nicht gelingen, hatte Bethge schon zuvor angekündigt.

In Wahlkampfzeiten und bei der heftigen Konkurrenz zwischen SPD und LINKER sei es für ihn praktisch unmöglich gewesen, den Prozess zu gewinnen, meinte Bethge ohne nähere Erläuterung. Und er fügte kämpferisch an: Selbstverständlich werde er das Urteil prüfen lassen. Das juristische Ausweichmanöver sei nun jedenfalls beendet, jetzt müsse sich der SPD-Mann auf der politischen Bühne stellen. Bethge betrachtet das gestrige Urteil als Gradmesser der politischen Stimmung in der Hansestadt: »Je gefährlicher die LINKE für die SPD ist, desto mehr Recht bekommt Naumann.« Es sähe damit also gut aus für Hamburgs LINKE.

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