nd-aktuell.de / 11.01.2008 / Brandenburg / Seite 18

Geschlossenes Heim für acht Berliner

EJF-Lazarus will jugendliche Intensivtäter in einem Haus in der Uckermark unterbringen

Andreas Fritsche

20 Jahre ist es her, dass das letzte geschlossene Heim in Berlin dicht gemacht wurde. Jetzt plant der evangelische EJF-Lazarus ein Haus in der Uckermark. Dort sollen acht Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 16 Jahren untergebracht werden. Es soll die Möglichkeit bestehen, diese auch zumindest zeitweise einzuschließen.

Die Praxis habe gezeigt, dass nicht alle kriminellen und schwer verhaltensauffälligen Jugendlichen in offenen pädagogischen Einrichtungen erzogen werden können, erklärte gestern Siegfried Dreusicke, der Vorstandsvorsitzende von EJF-Lazarus.

Man reagiere damit auf eine Bitte aus dem Ressort des Berliner Bildungssenators Jürgen Zöllner (SPD), verriet Michael Piekara, der in Berlin bei EJF-Lazarus Referent für Kinder und Jugendhilfe ist. Zöllner sagte, er habe seine Verwaltung im Juli beauftragt, ein Konzept zur besseren Betreuung gewaltbereiter Kinder und Jugendlicher vorzulegen. Das Konzept sei ein sachlicher Beitrag »in der Diskussion gegen geschlossene Heime und Jugendcamps«. In dem neuen Heim in der Uckermark liege der Schwerpunkt nicht auf der Sicherung, sondern auf der Pädagogik.

Bisher betreibt EJF-Lazarus schon ein offenes Heim mit 36 Plätzen im uckermärkischen Frostenwalde. Jugendliche, die dorthin gehen, können damit eine Untersuchungshaft vermeiden. »In Einzelfällen, aber wirklich nur in Einzelfällen« komme es vor, dass Jugendliche aus derartigen Einrichtungen abhauen, erläuterte Piekara. Darum soll es in dem geplanten neuen Haus in der Nähe von Frostenwalde möglich sein, einzelne Jugendliche zeitweise einzuschließen. Die Rechtsgrundlage dafür würde ein Vormundschaftsgericht liefern, dass entsprechenden Anträgen von EJF-Lazarus innerhalb von 24 Stunden zustimmen könnte. Das Gelände werde von einem etwa 2,50 Meter hohen Zaun umgeben, aber ohne Stacheldraht. Es werde nicht das Gepräge eines Gefängnisses haben. Man arbeite nach dem Motto »Menschen statt Mauern«. Es werde in dem neuen Haus acht Erzieher geben, dazu Therapeuten und Lehrer.

Die Eröffnung soll noch in diesem Jahr erfolgen. Den genauen Ort wollte Piekara vorerst nicht nennen. Er versicherte, dass acht Plätze ausreichen. Er gehe davon aus, dass jeweils nur vier bis sechs belegt sind. Das zeige die Erfahrung in Bayern, wo es nicht mehr Kapazitäten und auch keinen größeren Bedarf gebe. Pikaras Kollegin Sigrid Richter-Unger erzählte, bislang gebe es nur die Möglichkeit, jugendliche Intensivtäter, die immer wieder flüchten, vorübergehend in die geschlossenen Psychiatrie einzuweisen. Ein ewiger Wechsel zwischen Psychiatrie und Heim sei jedoch pädagogisch nachteilig.

In Bayern kosten Plätze wie die jetzt in der Uckermark vorgesehenen den Staat 250 Euro pro Tag, sagte Pikara. Auch für Berlin würden die Kosten in dieser Größenordnung liegen. Das Entgelt sei jedoch noch nicht verhandelt. Die Summe klinge hoch, sei jedoch durch den Erfolg gerechtfertigt. 60 Prozent der Jugendlichen, die in Frostenwalde waren, werden nicht rückfällig. Im Strafvollzug liege die Quote nur bei 35 bis 40 Prozent.

Der Berliner CDU-Abgeordnete Frank Henkel begrüßte die Pläne.