nd-aktuell.de / 21.01.2008 / Brandenburg / Seite 15

Spielte Polizei Neonazis Daten zu?

Antifa erhebt nach Durchsuchung schwere Vorwürfe gegen Landeskriminalamt

Martin Kröger

Der Vorwurf wirkt ungeheuerlich. Gaben Beamte der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes (LKA) persönliche Daten wie Namen und Adressen an einschlägig verurteilte Neonazis weiter? Die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) vermutet diese Möglichkeit nach einer Razzia bei drei ihrer Mitglieder.

Die Wohnungen der Antifas waren am vergangenen Mittwoch von der Polizei durchsucht worden. Zwar zogen die Beamten unverrichteter Dinge ab – ohne etwas zu beschlagnahmen. Doch nur drei Stunden später tauchten die Namen der Verdächtigen auf der Internetseite des »Nationalen Widerstand Berlins« auf. Der Betreiber des rechtsextremen Portals soll ein Neonazi sein, der Mitglied der inzwischen verbotenen »Kameradschaft Tor« war.

Die Frage ist, wie die Namen in derart kurzer Zeit in die Hände der als militant bekannten Rechtsextremisten gelangen konnten. Im Durchsuchungsbeschluss wird den Antifas vorgeworfen, beim »Aktionstag gegen Rassismus, Neonazismus und Krieg – Tag der Mahnung« am 9. September 2007 ein Plakat mit Fotos von Neonazis an einem Infostand gezeigt zu haben. Auf dieser »Urheberrechtsverletzung« am eigenen Bild basieren offenbar die Ermittlungen der Beamten – dies war auch der Grund für die Razzia.

»Für die Betroffenen ist die Weitergabe der Daten gefährlich«, erklärt Sebastian Lorenz. Vorsichtshalber, so der ALB-Sprecher, habe man selber Strafanzeige gestellt. Die ALB befürchtet, dass die Daten für Überfälle missbraucht werden könnten. Und dies, obwohl die Verhinderung von Gewalt doch das Anliegen des »Staatsschutzes« sein sollte. Zudem will die Antifa erfahren haben, dass Beamte des LKA Neonazis erst zu Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Urhebergesetz ermutigt haben sollen, um sich so selber Spielraum bei den Ermittlungen zu verschaffen. Pikant an der Geschichte: Bereits im Oktober 2007 musste der Staatsschutz Ermittlungen gegen zwölf Pressefotografen einstellen, denen die Erstellung von Porträtfotos der Neonazis vorgeworfen wurde.

Für Benedikt Lux, Landtagsabgeordneter der Grünen, bringen die jüngsten Ermittlungen das Fass zum überlaufen. Auf der heutigen Sitzung des Innenausschusses will er das Thema auf die Tagesordnung bringen. »Polizei und Innensenator Körting müssen sich fragen lassen, ob sie sich an Recht und Gesetz überhaupt noch gebunden fühlen.« Bei der Polizei wollte man gestern zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen.