Schuldig ja – Rücktritt nein

Siziliens Regionalpräsident Cuffaro wegen Kontakten zur Mafia verurteilt

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.
In Palermo wurde der Regionalpräsident von Sizilien für schuldig befunden, der Mafia geholfen zu haben – zurücktreten will er aber nicht.

Drei Personen können bereits der Bildung einer terroristischen Vereinigung verdächtigt werden. Fünf gestandene Mafiosi machen aber noch lange nicht die Mafia aus. Am Freitag wurde der Präsident der Region Sizilien, Salvatore Cuffaro, in erster Instanz zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil er fünf gerichtsnotorische Mafiosi, darunter den Schatzmeister des einstigen Oberbosses Bernardo Provenzano, Michele Aiello, unterstützt hatte. Zudem soll Cuffaro während der Zeit der Strafe von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden.

Aiello, der die Gelder Provenzanos unter anderem in ein Klinik-imperium investiert und mit staatlichen Zuschüssen vermehrt hatte, war es gelungen, mit Cuffaro Sondertarife für seine Kliniken auszuhandeln. Außerdem sah es das Gericht als erwiesen an, dass Informationen über Ermittlungen der Polizei über Cuffaro an die überwachten Mafiosi gelangten. Trotz dieses entlarvenden Urteils will Cuffaro jedoch nicht zurücktreten und Berufung einlegen. Der Ausschluss von den öffentlichen Ämtern gelte zudem noch nicht nach dem Richterspruch in erster Instanz, hieß es.

Von dem schwerer wiegenden Vorwurf der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung sprachen die Richter den Mitte-Rechts-Politiker aber frei. Bereits vor Prozessbeginn hatte Cuffaro erklärt, nur im Fall einer Verurteilung in diesem Anklagepunkt werde er zurücktreten. Nach der Urteilsverkündung betonte Cuffaro, er habe nur Freunden geholfen und dabei nicht gewusst, dass diese Kontakte zur Mafia hätten. Laut Meldungen der römischen Tageszeitung »Repubblica« hatte Cuffaro umgehend telefonische Glückwünsche von Silvio Berlusconi erhalten, der selbst lange Gegenstand von Antimafia-Ermittlungen der Palermitaner Staatsanwälte gewesen war.

Cuffaros Parteichef, der UDC-Vorsitzende Pier Ferdinando Casini, der sich in Rom gern als aufrechter Liberaler inszeniert, applaudierte ebenfalls und stärkte Cuffaro den Rücken. Mit seinen überwältigenden Wahlerfolgen ist der sizilianische Regionalpolitiker ein wichtiger Garant für die Regierungsambitionen der politischen Rechten in Rom.

Auf Sizilien sind nach Recherchen der »Repubblica« mittlerweile 300 000 Personen ökonomisch abhängig von Cuffaro. Zu den fast 500 politischen Mandatsträgern auf allem Ebenen kommen Manager von kommunalen Betrieben und von Unternehmen, die von öffentlichen Aufträgen abhängig sind, Juristen und Ingenieure, saisonal eingestellte Waldarbeiter und Müllmänner, Busfahrer sowie Mediziner. Viele von ihnen sollen dafür gebetet haben, dass das Urteil ihren Patron nicht zum Rücktritt zwingen möge.

Lediglich von der Linken wird er zum Abdanken aufgefordert. Solange der politische Ethik-Code, den die Antimafia-Kommission des italienischen Parlaments vorgeschlagen hat, noch nicht verabschiedet ist, besteht jedoch keine rechtliche Handhabe, Cuffaro aus dem Amt zu entfernen. Da die politische Bedeutung des ehemaligen Röntgenarztes jedoch gerade auf seiner Machtposition als regionaler Regierungschef beruht, wird er sich hüten, das aus etwaigen moralischen Erwägungen selbst zu tun.

Sein ganzes System wäre damit gefährdet. Der symbolische Gesichtsverlust, den Sizilien dabei erleidet, schert ihn offensichtlich nicht. Nach den jüngsten Erfolgen der Polizei bei der Festnahme von Mafiosi droht auf politischer Ebene nun wieder ein Rückschritt im Kampf gegen die Mafia.

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