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Schweriner Koalition »knirscht«

Nach dem Eklat vom Freitag klagt die SPD über ihren Regierungspartner

  • Velten Schäfer, Schwerin
  • Lesedauer: 2 Min.
Chaos in Sachen Verwaltungsreform, Streit um Zukunft der Gymnasien: In der Schweriner Koalition »knirscht es«. Das sagen nun sogar prominente Beteiligte.

Was Journalisten sonst spitzfindig interpretieren, sagte Volker Schlotmann gestern gerade heraus: »In der Koalition beziehungsweise zwischen ihren Mitgliedern knirscht es momentan ziemlich«, so der Fraktionschef der SPD im Schweriner Landtag. Konflikte würden unnötig »nach außen getragen«, der Umgang der Regierungspartner sei untereinander nicht fair, so Schlotmann, der nicht konkret wurde, aber von »Befindlichkeiten« sprach, die sich schon »seit geraumer Zeit« zuspitzten.

Sein Amtskollege Armin Jäger (CDU) bestätigt zwar verstärkte Reibungsgeräusche, spricht aber in der Vergangenheit: »Laut geknirscht« habe es allerdings am Wochenende. »Ich nehme das sehr ernst, dass es so gekommen ist«, so der CDU-Fraktionschef, der andererseits von einem »Sturm im Wasserglas« sprach.

Am Freitag war eine Sitzung der Enquete-Kommission zur Verwaltungsreform geplatzt, weil die Vertreter der Regierungskoalition wegen eines heftigen internen Streits mit weit über einer Stunde Verspätung erschienen waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Vize-Kommissionsvorsitzende Gabi Méstan (LINKE) die Sitzung aber bereits in Abwesenheit der Mehrheitsvertreter eröffnet und aus Protest schnell wieder beendet.

Was war geschehen? Nach Jägers Darstellung hat die SPD am Freitag überraschend das »Leitbild« für eine Verwaltungsreform an einer wichtigen Stelle zu ändern versucht: Statt der 175 000 Bewohner, die jetzt als Richtgröße für einen Landkreis vorgesehen sind, hätten die Sozialdemokraten unvermittelt die Zahl 200 000 ins Gespräch gebracht: »Der Koalitionspartner wollte plötzlich ein Papier einbringen, dass der Kabinettsvorlage widersprach.« Aus SPD-Sicht nur ein »Missverständnis«: Es habe sich nicht um einen »Antrag« gehandelt, sondern nur um ein »Positionspapier«.

Fest steht, dass sich die Koalition erst nach ausgiebigen Telefonaten zwischen Jäger und Schlotmann, der auf einer Messe in Düsseldorf weilte, auf ein Zurückziehen des Papiers einigen konnte. Und dass vergeblich angereiste Kommunalvertreter, Experten sowie eine 40-köpfige Parlamentsbesuchergruppe sehr verägert reagierten. LINKEN-Fraktionsvize Helmut Holter wertet den Vorgang als »Eklat«, der auf die »Koalition des tiefen Misstrauens« in Mecklenburg-Vorpommern ein Schlaglicht werfe und fordert eine Regierungserklärung.

Neben dem Chaos um das Leitbild für die Verwaltungsreform sorgt ein unabgesprochener Vorstoß von Bildungsminister Henry Tesch (CDU) für Verstimmung. Der hatte jüngst angekündigt, die Mindestschülerzahlen für Gymnasien im Vorgriff auf ein erst für 2009 anstehendes neues Schulgesetz zu senken (ND berichtete). Das dürfe keinesfalls als Bestandsgarantie für Gymnasien verstanden werden, kontert nun SPD-Bildungsexpertin Heike Polzin: »Da wird ein Prozess einsetzen wie schon bei den Regionalschulen.« Von denen wurden bereits etliche wegen Schülermangels geschlossen.

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