Süßigkeiten geht es an den Kragen

Industrie klagt über steigende Rohstoffpreise

  • Michaela von der Heydt
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Deutsche Süßwarenindustrie sieht sich in der Defensive: Vorwürfe des Kartellamtes, ein schlechtes Image angesichts zunehmender Fettleibigkeit der Bundesbürger und die nahende Kennzeichnungspflicht für Nährwerte machen der Branche Sorge.

Mehr als 32 Kilogramm Süßes für 109,81 Euro vernaschte 2007 im Schnitt jeder Bundesbürger – zu wenig nach dem Geschmack des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), denn der Pro-Kopf-Verbrauch stagnierte hier nahezu. Obwohl der Verband diese Werte auf den Cent genau parat hatte, konnte er am Mittwoch in Berlin keine Angaben zu durchschnittlichen Preissteigerungen der Branche machen. Die waren vergangene Woche ins Visier der Kartellwächter geraten. Nur auf die gestiegenen Rohstoffpreise verwies BDSI-Geschäftsführer Klaus Reingen: bei Weizen um 100 Prozent, bei Glucose um 50 und bei Butter um 65 Prozent. Zu den Durchsuchungen und Ermittlungen gegen sieben Branchengrößen schwieg der Verband. Doch Silke Kaul, Sprecherin des Bundeskartellamtes, betonte gegenüber ND: »Im Windschatten von berechtigten Kostenerhöhungen dürfen keine Kartelle gebildet werden.«

Preistreibend, so der BDSI, sei auch der subventionierte Anbau von Biokraftstoffen. Obwohl die Fläche für Energiepflanzen nur ein Prozent betrage, würden Landwirte die gleichen Preise für Weizen fordern und offen mit dem Umstieg auf Energiepflanzen drohen. Auch die Konzentration im Einzelhandel, jüngst durch die Übernahme von Plus durch Edeka, würde Verhandlungen mit einer Händlermacht, die mehr als 30 Prozent des Marktes abdeckt, sehr erschweren.

Ungemach droht aus BDSI-Sicht aus Brüssel. Die EU-Kommission möchte eine einfach verständliche Nährwertkennzeichnung auf der Packungsvorderseite von verarbeiteten Lebensmitteln durchsetzen. Die von Verbraucherverbänden geforderte »Ampel« lehnt der BDSI ab. Süßes und Knabberzeug erhielte bei Zucker, Fett, Salz und Kalorien meist ein »Rot«. BDSI-Chef Dietmar Kendziur sieht Süßes zu Unrecht als Sündenbock für Übergewicht dargestellt. »In Maßen genossen, haben auch Süßigkeiten in einer ausgewogenen Ernährung ihren Platz.« Das müsse im Kindergarten und der Schule trainiert werden, denn Übergewicht und Ernährungsverhalten präge sich in den ersten zehn Lebensjahren aus.

Zahlen & Fakten
• 2007 wurden laut BDSI 3,66 Tonnen Süßwaren im Wert von 11,77 Milliarden Euro produziert.
• Der Umsatz legte trotz guter Konsumstimmung nur um zwei Prozent zu.
• Die Produktion stieg um 2,5 Prozent, dank der um 10 Prozent gewachsenen Exporte mit einer Wertsteigerung von 14 Prozent. Hauptabnehmer sind zu 85 Prozent EU-Staaten.
• Der Absatz in 180 Drittländer nahm überdurchschnittlich zu, vor allem in die USA, die Schweiz und nach Russland. ND
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