Kulturbotschafter

  • Mona Grosche
  • Lesedauer: 3 Min.
Matthias Jacob, Peter Scherber, Ann Catrin Apstein-Müller und Brigitte Döbert gehören zum Verein »SO_Übersetzen«. Darin haben sich 13 Übersetzer zusammengeschlossen, um Literatur aus Südosteuropa deutschsprachigen Lesern zugänglich zu machen. Auf der Leipziger Buchmesse sind sie mit mehreren Projekten präsent: Am Samstag, 12 bis 13.30 Uhr im Forum ST®AND-CAFÉ, stellen elf Mitglieder der Gruppe die Anthologie »Kein Gott in Susedgrad. Junge Literatur aus Kroatien« vor. Am Samstag ab 20 Uhr gibt es im Erata Literaturverlag, Brockhausstraße 56, 04229 Leipzig, eine Lesung unter dem Titel »Kurs Südost«.
Der Verein »SO_Übersetzen«
Der Verein »SO_Übersetzen«

Der Anfang war unspektakulär: Mit einem Übersetzer-Seminar in München wollten Katharina Raabe, Lektorin im Suhrkamp-Verlag, und Klaus Detlef Olof, langjähriger freier Lektor und Übersetzer, den Nachwuchs in südosteuropäischen Sprachen fördern. Das Seminar im Jahr 2005 erwies sich jedoch als so fruchtbar, dass der Wunsch nach Fortsetzung solcher Zusammenarbeit enstand. Zweimal im Jahr treffen sich seitdem die Übersetzer aus dem ganzen Bundesgebiet zu Workshops an wechselnden Orten – und gründeten Ende 2006 den Verein SO_Übersetzen.

In ihren Workshops, die meist von einer öffentlichen Lesung begleitet werden, diskutieren sie über aktuelle Projekte, perfektionieren Übersetzungstechniken und suchen gemeinsam Lösungen für knifflige sprachliche Probleme. »Anfang 2007 ging es zum Beispiel darum, dass in dem mazedonischen Text von Ivan Dodovski viele Einsprengsel aus dem Serbischen und Französischen waren – da haben wir geschaut, wie man das in der Übersetzung am Besten umsetzt«, so Will Firth, Mitglied von SO_Übersetzen.

Doch nicht nur technische Fragen bewegen die Gruppe. Auch die Suche nach geeigneten Verlagen spielt eine wichtige Rolle. So freut sich Firth, dass sein jüngstes Projekt, der Erzählungsband »Der große Koffer« von Ivan Dodovski, nun zur Leipziger Buchmesse im Leipziger Erata Verlag auf Deutsch erschienen ist. Für Firth ist die Befürchtung, zeitgenössische Literatur in Ex-Jugoslawien neige womöglich zur »Jugo-Romantik«, ziemlich unbegründet. »Natürlich spielt Krieg eine wichtige Rolle im Schreiben der Autoren, aber sie verarbeiten dies sehr unterschiedlich.«

Das kann auch Patricia Fridrich bestätigen, die ebenfalls zum Kreis von SO_Übersetzen gehört. »Die Autoren können sich mit dem neu entstandenen Nationalismus nicht identifizieren«, so der Eindruck der Übersetzerin, die in Bonn lebt und arbeitet. Ebenso wie ihre Kollegen hat Fridrich einige Texte »auf Halde«, denn Verlage zu finden für die Übersetzungen, ist schwer. »Das geht nur über Herzblut und Begeisterung«, so Firth.

Doch auch Patricia Fridrich hat aktuell Grund zur Freude: Mit 10 weiteren Mitgliedern von SO_Übersetzen ist sie in der Anthologie »Kein Gott in Susedgrad« des Schöffling Verlages in Leipzig vertreten. »Konstantin der Gottesfürchtige« heißt der von Fridrich übersetzte Beitrag, ein Auszug aus einem Roman von Simo Mraovic. »Beherrschendes Thema der autobiographisch geprägten Arbeit ist das Problem, als Angehöriger der serbischen Minderheit in Kroatien zu wohnen«, so Fridrich.

Insgesamt 10 Autoren und eine Autorin hat der angesehene Verleger Nenad Popovic in der Anthologie kroatischer Gegenwartsliteratur versammelt – die meisten von ihnen dürften den deutschen Lesern noch unbekannt sein. Patricia Fridrich und ihre Kollegen hoffen jedenfalls, dass der Schwerpunkt Kroatien der diesjährigen Messe in Leipzig Anstoß gibt, den Literaturen Südosteuropas in Zukunft mehr Beachtung zu schenken.

Nenad Popovic (Hg.): Kein Gott in Susedgrad. Neue Literatur aus Kroatien. Verlag Schöffling & Co. 280 S., geb., 19,90 EUR.

Ivan Dodovski: Der große Koffer. Erzählungen. Erata Verlag. 132 S., brosch., 13,95 EUR.

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