Im Olympiajahr ein Muster ohne Wert?

EM im Schwimmen, Wasserspringen und Synchronschwimmen beginnen heute in Eindhoven

Die individuelle Olympiavorbereitung hat im deutschen Schwimmsport Vorrang vor allen anderen internationalen Vergleichen. Das hat auch Auswirkungen auf die 29. EM, die heute in Eindhoven beginnen und bis zum 24. März dauern. Gerade mal zehn Schwimmerinnen und Schwimmer des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) haben sich zum Gang nach Eindhoven entschlossen. Anders wiederum die DSV-Wasserspringer, die mit dem kompletten Olympia-Kernteam an den Start gehen. Auch die Synchronschwimmerinnen kämpfen um die Etablierung in der europäischen Spitze.

Im Konflikt seit 2000

Das Mini-Schwimmaufgebot ist dem Umstand geschuldet, dass in fünf Wochen die deutschen Meisterschaften in Berlin (18. bis 23. April) auf dem Programm stehen, bei denen es um die Olympiaqualifikation geht. Und die hat oberste Priorität, was nichts daran ändert, dass die zehn »Aufrechten« von Eindhoven in den EM einen guten Test für Berlin sehen.

Insgesamt ist die Situation im Schwimmsport nicht neu. Seit 2000 veranstalten der Weltverband FINA und der europäischen Verband LEN im Olympiajahr Lang- und Kurzbahn-EM sowie Kurzbahn-WM. Allerdings sind die führenden europäischen Verbände im Gegensatz zum DSV mit Blick auf die EM in Eindhoven weit weniger zurückhaltend, so dass die europäischen Titelkämpfe im Olympiajahr nicht zum Muster ohne Wert degradiert werden.

DSV-Sportdirektor Örjan Mad-sen räumt im DSV-Pressedienst allerdings ein: »Ich habe mir schon gewünscht, dass sich mehr Athleten für die EM qualifiziert und auch mehr Spitzenschwimmer die Gelegenheit zur Startmöglichkeit in Eindhoven wahrgenommen hätten. Die Heimtrainer wollen allerdings mehrheitlich vor der Olympiaqualifikation keinerlei Risiko in ihrer Vorbereitung eingehen und ordnen alles den Meisterschaften in Berlin unter.«

Nach den Qualifikationskriterien des DSV hätten 18 Schwimmer und Schwimmerinnen in Einzelrennen eine EM-Startmöglichkeit gehabt. Verletzungen oder Erkrankungen wie bei Freistil-Weltrekordlerin Britta Steffen (Berlin), Nicole Hetzer (Burghausen) oder Annika Mehlhorn (Baunatal) dezimierten den Kaderkreis zusätzlich.

Vor zwei Jahren Spitze

2006 in Budapest gewannen die DSV-Schwimmer noch zwölf EM-Medaillen (6/4/2) und lagen damit an der Spitze. Diese Position dürfte in Eindhoven abgegeben werden. Von den damaligen Titelgewinnern sind Janine Pietsch (Ingolstadt) und Helge Meeuw (Frankfurt) jeweils über die nicht-olympische 50-m-Rückenstrecke erneut dabei. Meeuw auf allen drei Rückenstrecken (50 m, 100 m, 200 m) und Pietsch über 50 m und 100 m Rücken sollten durchaus Medaillenchancen haben. Das trifft auch auf die Kurzbahn-Europameisterin Janne Schäfer (Wolfsburg) über 50 m Brust und den 21-jährigen zweifachen Kurzbahn-Vizeeuropameister Paul Biedermann (Halle) über 200 m und 400 m Freistil zu.

Bei den Frauen dürfte die erst 18-jährige Hallenserin Franziska Hentke ins Blickfeld rücken. Hentke hatte sich im letzten Sommer über 200 m Schmetterling mit 2:08,68 min in die europäische Spitzenklasse geschwommen. Medaillenansprüche hegt auch die Brustschwimmerin Birte Steven (Hamburg). Als WM-Sechste von 2007 auf der Langbahn in Melbourne war die 27-jährige Doktorandin der Neurowissenschaften zweitschnellste Europäerin.

Springer feste Größe

Die Kunst- und Turmspringer des DSV sind seit Jahren eine feste Größe in Europa und auf Augenhöhe mit Russland im Kampf um die Spitzenposition. Vor zwei Jahren holten die DSV-Springer acht EM-Medaillen (2/5/1) in zehn Wettbewerben. Die damaligen Sieger Andreas Wels/Tobias Schellenberg (Halle/Berlin) im Synchronwettbewerb vom 3-m-Brett und Nora Subschinski/Annett Gamm (Berlin/Dresden) vom Turm treten zur Titelverteidigung an.

Der DSV-Fachspartenvorsitzende Walter Alt wertet die EM »als zweiten Saisonhöhepunkt nach dem Weltcup in Peking«. Dort war es vor drei Wochen um Olympiaquotenplätze gegangen. Die DSV-Springer holten das Maximum von zwölf Plätzen heraus. Als alleinige Olympiaqualifikation gelten die deutschen Meisterschaften in Berlin (29. Mai bis 1. Juni).

Das 12-köpfige deutsche Aufgebot im Synchronschwimmen ist mit einem Durchschnittsalter von 17,5 Jahren extrem jung, so dass die Erwartungen gedämpft sind.

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