Hamburger Uni droht Fächersterben

Senat verlangt 15 Prozent Einsparungen bei den Personalkosten

  • Michael Sommer, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
An Hamburgs Universität regiert der Rotstift. Für acht Fächer könnten geplante Sparmaßnahmen das Aus bedeuten. Gleichzeitig schwärmt der Hamburger Senat: Die Hochschule erweitert ihr Angebot – um das Fach Katholische Theologie.

Dass der Hamburger Uni Geld fehlt, ist seit einem Kassensturz im letzten Jahr kein Geheimnis. Während aber Kritiker die Sparpolitik des Hamburger Senats verantwortlich machen, spricht die Uniführung von einem »internen Organisationsproblem« als Ursache. Was die Universitätsleitung jetzt zum »Abbau der Unterfinanzierung« plant, könnte fatale Folgen für Forschung und Lehre haben: Alle Fakultäten sollen fünfzehn Prozent ihrer Personalkosten einsparen, um Budgetvorgaben zu entsprechen, lautet der aktuelle Kurs.

Fakultäten mit großen Fächern könnten solche Einschnitte erheblich besser wegstecken als etwa die Geisteswissenschaften, erklärt Christian Sauerbeck, studentisches Mitglied im Fakultätsrat der Geisteswissenschaften. Viele Fächer seien hier nur mit einer oder zwei Professuren besetzt, die wegzufallen drohten, würde die Sparvorgabe umgesetzt, so Sauerbeck.

Dass die Sparvorgabe für ganze Fächer das Aus bedeuten könnte, befürchtet auch Jörg Dierken, Dekan der Geisteswissenschaften. In einem internen Brief an das Präsidium warnte er jüngst, die strikte Umsetzung der Fünfzehn-Prozent-Vorgabe könnte die komplette Abschaffung der Fächer Nordeuropastudien, Sprachlehrforschung, Finnougristik, Baltistik, Vor- und Frühgeschichte, Thaiistik und Austronesistik zur Folge haben, weitere Fächer müssten erheblich eingeschränkt werden.

Dabei ist auch Dierken der Auffassung, dass gespart werden muss. Zehnprozentige Kürzungen würden aber ausreichen, um Personalkosten und Budget ins Gleichgewicht zu bringen. Einen entsprechenden Vorschlag der Fakultät, der die Finanzlücke abdecken würde, ohne Fächer in ihrer Existenz zu bedrohen, hat das Hochschulpräsidium jedoch abgelehnt. »Wir wollen keine Fächerschließungen!«, sagt Dierken. Bislang sei noch nichts entschieden, betont Viola Griehl, Sprecherin des Uni-Präsidiums. Eine Sparquote sei zwar vorgegeben, sollte aber ein überzeugender Gegenvorschlag kommen, wäre man auf Seiten des Präsidiums zumindest gesprächsbereit.

Irritierend wirkte vor diesem Hintergrund eine Mitteilung des Hamburger Senats: Ab dem Wintersemester 2008/2009 werde die Fakultät Geisteswissenschaften Katholische Theologie als neues Fach anbieten. Die Universität wird dafür eine zusätzliche Professur mit entsprechender Ausstattung erhalten. Die Kosten trägt die katholische Kirche, »die Geisteswissenschaften werden dadurch nicht zusätzlich belastet«, versichert Viola Griehl.

Hauptverantwortlich für das anhaltende Streichkonzert an Hamburgs Uni ist der parteilose Wissenschaftssenator Jörg Dräger, der kürzlich im vom Deutschen Hochschulverband initiierten Ranking der Wissenschaftsminister mit der Note 5,3 zum dritten Mal in Folge auf dem letzten Platz gelandet ist. Dräger erklärte vor wenigen Tagen, er stehe in der neuen Legislaturperiode für dieses Amt nicht mehr zu Verfügung und werde zur Bertelsmann Stiftung, der einflussreichsten neoliberalen Denkfabrik in Deutschland, wechseln. Ein Silberstreif am Horizont? »Wir appellieren an die Abgeordneten der neuen Bürgerschaft, diese Chance zu nutzen«, so Fachschaftsrat Christian Sauerbeck. »Die Studiengebühren müssen abgeschafft und die Hochschule ausreichend finanziert werden.«

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