Die Nazis und die Garnisonkirche

Konferenz des Moses Mendelssohn Zentrums zum »Tag von Potsdam«

Adolf Hitler drückt dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg die Hand. Es ist der 21. März 1933 – der »Tag von Potsdam«. Fast genau 75 Jahre später, am 15. März, veranstaltet das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien eine Konferenz zu dem Ereignis.

Von 9 bis 19.30 Uhr werden im Alten Rathaus am Alten Markt zehn Vorträge zum Thema »Preußens Abglanz und Untergang« gehalten. Hinrich-Wilhelm Wöhrmann spricht über die Zerstörung der Arbeiterbewegung, Ludwig Elm über das Verhalten der bürgerlichen Reichstagsabgeordneten. Andere reden über die Rolle der Kirchen, der Reichswehr, der SA und SS und der »nationalkonservativen Eliten aus Adel und Bürgertum«.

Bereits am 14. März um 19 Uhr referiert Hans-Ulrich Thamer zum Thema »Der ›Tag von Potsdam‹ als Inszenierung des Propagandaministers Goebbels« (19 Uhr, Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Neuer Markt). Der Eintritt zu der Konferenz ist frei.

»Am 21. März 1933 inszenierten die Nationalsozialisten mit dem ›Tag von Potsdam‹ publikumswirksam den Schulterschluss der neuen Machthaber mit den alten Eliten des einstigen Kaiserreichs«, erklärt Diplom-Politologe Christoph Kopke vom Mendelssohn Zentrum der Universität Potsdam.

Nicht nur der Händedruck selbst war ein Symbol, sondern auch der Ort, wo es geschah – die Garnisonkirche. Die Kirche ist zu diesem Zeitpunkt schon lange eine »preußische Wallfahrtsstätte«, schreibt der Kunsthistoriker Ludwig Bamberg in seinem Buch »Die Potsdamer Garnisonkirche«. Die Hohenzollern schmückten die Kirche mit einer Marmorskulptur des Kriegsgottes Mars und mit erbeuteten Fahnen. In der Gruft lag damals die Leiche von König Friedrich II.

Hitler verehrt ihn. Den Diktator fasziniert, wie sich Friedrich II. häufig in scheinbar aussichtsloser Situation kühn und willensstark bewegte und so doch noch den Sieg davontrug. Hitler glaubt fast bis zum Ende, dass auch ihm die Vorsehung den Erfolg bringen werde, berichtet Bamberg. Schon vor 1933 ziehen SA-Leute mit Trommelwirbel und gesenkten Fahnen an der Kirche vorbei. Später führen die Nazis Staatsgäste wie den italienischen Faschisten Mussolini hierher. Es werden extra große Ausführungen der Hakenkreuzfahne und der Reichskriegsflagge für den Turm angeschafft.

Der »Tag von Potsdam« ist das Hauptargument jener Menschen, die den geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche ablehnen. Sie wollen das Symbol für den preußischen Militarismus nicht zurückhaben und sind skeptisch, ob das Konzept der evangelischen Kirche, ein Versöhnungszentrum einzurichten, aufgeht. Der Grundstein wurde bereits vor drei Jahren gelegt. Doch es wären bis zu 70 Millionen Euro Spenden notwendig. Über den aktuellen Kontostand ließ sich von der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau kurzfristig keine Auskunft erlangen.

Konferenzprogramm: www.mmz-potsdam.de / Ludwig Bamberg: »Die Potsdamer Garnisonkirche«, Lukas Verlag, 216 Seiten (Hardcover), 29,80 Euro

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