Achtjährige mit Altersdiabetes

Kampagne von Senat und Krankenkasse: Müssen Kinder essen lernen?

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.

Ernährungswissenschaftler schlagen weiter Alarm: An Schulen und Kitas werden immer mehr dicke Kinder registriert. »Vor etlichen Jahren waren übergewichtige Mädchen und Jungen in der Schule und im Schwimmbad noch die Ausnahme. Heute gehören sie zum Alltag«, fiel auch Pädagogen auf. Die AOK stellte fest: Schon Achtjährige haben durch falsche Ernährung Altersdiabetes.

Mit der Aufklärungskampagne »Müssen Kinder essen lernen?« geht die Krankenkasse gemeinsam mit den Senatsverwaltungen für Gesundheit sowie Bildung in Schulen und Kindertagesstätten, um wieder einmal für gesunde Ernährung und Bewegung zu plädieren. Auch schon in der Kita wuchern die Pfunde der Kleinen.

Gerade in den Tagesstätten wollen die Experten mit den Eltern ins Gespräch kommen, »denn hier erscheinen sie zwei Mal am Tag«, so Ines Heindl, Ernährungswissenschaftlerin an der Universität Flensburg. Die Direktorin des dortigen Instituts für Ernährungs- und Verbraucherbildung setzte sich mit Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (LINKE), der Vorsitzenden des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie im Abgeordnetenhaus, Christa Müller (SPD), dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses, André Schindler, und dem Vorstandsvorsitzenden der AOK Berlin, Werner Felder, an einen Tisch, um eine nachhaltige Lösung zu finden.

»Bei der Einschulung sind zwölf Prozent der Kinder zu dick«, so Lompscher. Unstrittig sei auch der Zusammenhang zwischen Bildung und Gesundheit. Hier herrsche in Familien vielfach die Meinung, dass Fastfood aus dem Supermarkt billiger sei als Obst und Gemüse. »Das stimmt nicht«, widersprach die Gesundheitssenatorin.

Gestern wurden an den Schulen Checklisten für gesunde Pausenverpflegung verteilt: »Unsere Schule is(st) gesund«. Eltern sollten die Finger von so genannten Kinderlebensmitteln lassen. »Die sind überflüssig und ungesund – zu fett, zu süß und obendrein zu teuer«, so die AOK. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich die Kinder an den künstlichen Geschmack gewöhnen und ihnen natürliche Lebensmittel wie frische Erdbeeren nicht mehr schmecken.

Die Qualität des Schulessens muss regelmäßig kontrolliert werden, forderte André Schindler vom Landeselternausschuss. Mängeln müsste konsequenter begegnet werden können, zum Beispiel mit schnelleren Vertragskündigungen.

Einmal am Tag sollten Kinder warm essen. Das sei inzwischen in den Schulen gewährleistet, aber vielfach nicht zu Hause. »Viele Eltern können nicht mehr richtig kochen und viele Kinder kennen sich bei Obst und Gemüse kaum noch aus«, so die Erfahrung der Krankenkasse. »Ich muss wissen, was ich kaufe und wie ich es zubereite«, sagte Lompscher.

Nach Meinung der Experten müssen sich Kinder nicht nur gesund ernähren, sie brauchen auch Esskultur. Hier einige Tipps der AOK:
• Essen will gelernt sein. Babys wissen noch, wann sie Hunger haben und wann nicht. Die angeborene Selbstregulierung geht jedoch unter den prägenden familiären Einflüssen schnell verloren. Hier beginnt die Verantwortung der Eltern. Wenigstens eine Mahlzeit pro Tag am Familientisch gemeinsam einnehmen.
• Parolen wie »Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt« oder »Gemacht wird, was die Großen sagen«, sind vorbei.
• Mitbestimmung schafft mündige Bürger: Kinder sollen lernen, Lebensmittel eigenständig auszuwählen, die ihrer Gesundheit gut tun.
• Regen Sie Ihr Kind zum Probieren von Unbekanntem an, zwingen Sie aber nicht diktatorisch zum Weiteressen, wenn's nicht schmeckt. Bieten Sie es später wieder an, der Geschmack ändert sich.
• Der Bauch ist der Chef: Zwingen Sie Ihr Kind nicht, den Teller leer zu essen, sonst werden die inneren Signale mit der Zeit nicht mehr wahrgenommen und das Kind isst über den Hunger hinaus. Kleine Kinder spüren meist ganz genau, wann sie hungrig oder satt sind.
• Weitere Infos im Internet unter www.aokberlin.de/kids
#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal