Später Skandal

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Pin-Affäre ist nicht ausgestanden. Der »stern« berichtet diese Woche, Aussagen und Papiere zeigten, dass Pin die Gewerkschaft der Postkonkurrenten GNBZ nicht nur heimlich mit mehr als 130 000 Euro finanziert, sondern diese selbst initiiert hatte. Entsprechende Gerüchte umgeben die GNBZ seit ihrer Gründung im Herbst 2007.

Der »stern« berichtet u.a., dass die Idee dazu bei einem Treffen im Privathaus des damaligen Pin-Chefs Günter Thiel im September 2007 entstanden sein soll – im Zuge der ebenfalls angedachten Gründung eines eigenen Arbeitgeberverbandes. Die Zeitschrift stützt sich auf Angaben von Teilnehmern dieses Treffens. Zu Gast: »ein knappes Dutzend Topverlagsmanager«, u.a. von Holtzbrick, WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) und natürlich Springer.

Die Verlage widersprechen der Darstellung und anhand der dünnen Faktenlage ist es zu früh, die wahren Schuldigen an den Pranger stellen zu wollen. Derzeit ermittelt jedoch die Staatsanwaltschaft und der Pseudogewerkschaft scheint zumindest endlich das Handwerk gelegt.

Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste (AGV-BNZ) will sich indes die Niederlage beim Mindestlohn Ende letzten Jahres offenbar immer noch nicht eingestehen. In einem schon hilflos wirkenden Versuch wirft er ver.di vor, die Gründung des Arbeitgeberverbandes Postdienste »forciert« zu haben, der von der Post dominiert ist. Ver.di hält dem Verband den Spiegel vor, wenn die Gewerkschaft dagegen sagt, es sei ihr vor allem darum gegangen, überhaupt einen Verhandlungspartner für einen Mindestlohn in der Branche zu schaffen – eine entsprechende Aufforderung sei an alle Postdienstleister gegangen.

Während sich die Beweislage um Untreue und Bestechlichkeit bei Pin verdichtet, zeigt sich, dass das Unternehmen kein Einzelfall ist. Erst vor wenigen Tagen kam der Fall Aldi Nord ans Licht. Das Unternehmen zahlte dem damaligen Chef der arbeitgeberfreundlichen Betriebsräte-Organisation AUB, Wilhelm Schelsky, fette Gehälter, damit er eine Gegenorganisation zu ver.di aufbaut. Schelsky kennt man noch aus einer ähnlichen Affäre 2006 bei Siemens ...

Interessant ist die Qualität, mit der der Pin-Skandal dagegen »aufwartet«: Die hauseigene GNBZ wurde souverän präsentiert, als wäre sonnenklar, dass Gewerkschaften Dumpinglöhne gegen vermeintliche Jobsicherheit vereinbaren. Die Aggressivität, mit der das Projekt GNBZ gepusht wurde und der späte Skandal darum, der offenbar Desinteresse bei der Politik, Machtlosigkeit bei den Gewerkschaften zeigt, stimmt nach den Ereignissen sehr nachdenklich.

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