Alles in Butter, der BND hat nur zugeschaut

Parlamentarier zum Libyen-Ausbildungsdeal – Opposition knirscht mit den Zähnen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Parlamentarische Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG), selbst eine Art Geheimhaltungsstelle, hat am späten Mittwochabend Vorwürfe zurückgewiesen, der Bundesnachrichtendienst sei an Ausbildungseinsätzen in Libyen beteiligt.

»Der BND hat sich korrekt verhalten«, betonte der PKG-Vorsitzende Thomas Oppermann, Vizefraktionschef der SPD-Fraktion im Bundestag. Auch der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl sieht den BND »sauber«. Man kann das glauben ... doch was, wer, wie auf der Sitzung worüber erzählt hat und wie das bewertet wurde, bleibt geheim. Fragt man zuständige Vertreter der Oppositionsparteien – Max Stadler (FDP), Wolfgang Neskovic (Linksfraktion) und Christian Ströbele (Grüne) – hört man Zähneknirschen.

Bei dem dreistündigen Treffen erklärten BND-Chef Ernst Uhrlau und sein Vorgänger im Amt, der heutige Innenstaatssekretär August Hanning, den Abgeordneten, wie sie was zu sehen haben. Anschließend hat das PKG mehrheitlich beschlossen, dem BND nichts vorzuwerfen, bestätigt Stadler, der Vize Oppermanns. Fakt aber bleibt, dass die Ausbildungsaktion im einstigen »Schurkenstaat« nicht ohne BND durchgeführt wurde und wohl auch weiter wird.

Der Geheimdienst, selbst schon mehrmals in »Libyen-Aktionen« verstrickt, habe die deutsche BDB Protection GmbH, die offenbar ein künstliches Konstrukt eigens zu diesem Zweck war, beobachtet. Und dadurch abgesichert? Die entsprechenden Berichte seien nach Deutschland weitergeleitet worden, aber BND-Mitarbeiter hätten deren Brisanz nicht erkannt. Deshalb seien sie nicht bis zum Präsidenten der Behörde durchgedrungen. Und folglich nicht zum Kanzleramt. So läuft das bei verdeckten Operationen in der Regel immer.

Tatsache ist: Von Ende 2005 bis in den Sommer 2006 hinein drillte das inzwischen in Insolvenz geschickte deutsche Unternehmen über 100 libysche Sicherheitsleute. Auch nach dem dem Abzug der BDB Protection sollen Deutsche noch libyische Polizisten ausgebildet haben – mindestens bis Anfang 2008, möglicherweise bis heute, wie ein ein früherer Beamter dem »Westfalen-Blatt« erklärte.

Die Ausbildung in Libyen, das bis Mai 2006 als Terrorismusunterstützer galt, wurde im März 2006 offenkundig. Für ministerielle Ebenen. Ein Bundeswehrangehöriger hatte in der Truppe nach befähigten Ausbildern gesucht. Das blieb der Führung nicht verborgen.

Fragt sich, wie die Operation eingefädelt wurde. Das Bundesinnenministerium und der BND hatten im Sommer 2006 mit Libyen offiziell über eine Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich verhandelt. Das geschah offenbar im Rahmen des westlichen »Öffnungskurses« gegenüber Libyen. Man suchte eine engere Partnerschaft im Kampf gegen islamistischen Terrorismus. Ab Mai 2006 stand das nordafrikanische Landen nicht mehr auf der US-initierten Liste der Länder, die Terror unterstützen.

Oppermann sagte, Beamte von Innenminister Wolfgang Schäu-ble (CDU) seien zwei Mal zu Gesprächen nach Tripoli gereist. Doch die libyschen Partner hatten den Wunsch nach polizeilicher Ausbildungshilfe rasch zurückgezogen. Vielleicht, weil längst »privatwirtschaftliche« Lösungen eingefädelt waren? Oppermann sagte, es sei nicht auszuschließen, dass die umstrittenen Aktivitäten der BDB nur als »Türöffner« für eine staatliche deutsche Unterstützung gedient haben.

Diese These fordert wohl mehr Aufklärung, als das PKG bislang bieten kann. Es wird sie vermutlich nicht geben.

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