Standpunkt

Politisches Erbe

  • Jürgen Reents
  • Lesedauer: 2 Min.

40 Jahre brauchte es, bis ein Bundespräsident den 8. Mai 1945 Tag der Befreiung nannte und den Machtantritt der Nazis zum Ausgangspunkt von Krieg und Mord erklärte. Zum Schluss seiner damaligen Rede appellierte Richard von Weizsäcker an die Jüngeren, sich nicht »in Feindschaft und Hass gegen Alternative oder Konservative« hineintreiben zu lassen. Es war die einzige Erwähnung der Konservativen in dieser Rede.

Nun, 75 Jahre nach dem Erzwingen des Ermächtigungsgesetzes im Reichstag, den die Nazis zuvor von den Kommunisten »gesäubert« hatten und in dem nur die SPD widersprach, fand ein anderer hoher Repräsentant endlich den Mut, auch die Mitschuld der deutschen Konservativen und Liberalen für die Festigung der Nazi-Macht anzusprechen. Man konnte dabei nicht in Kopf und Herz der Abgeordneten von FDP, CDU und CSU schauen, den Nachfolgeparteien von Deutscher Staatspartei, Zentrum und Bayerischer Volkspartei. Ob sie Scham empfanden, auch Mithaftung spürten, dass ihre Vorgänger die Hand für Hitler hoben, während außerhalb des Reichstags bereits die SA wütete und mordete? Und darüber nachdachten, warum bis heute kein Wort des Bedauerns fiel, dass etliche von ihnen später unbeschadet wieder in hohe Ämter kamen? Von der Nachfolge-Pflicht der Entschuldigung wird in anderer Hinsicht oft gesprochen. Die sehr gemächlichen Aufräumarbeiten der politischen Erben von Hitlers Helfern sind nach Lammerts guter Rede nicht beendet.

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