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Rudi Goguel

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  • Anton Hiersche
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer kannte – oder kennt – es nicht, dieses schwermütige, im Tempo eines langsamen Marsches vorgetragene Lied von den Moorsoldaten, entstanden im Sommer des Jahres 1933 im emsländischen KZ Börgermoor. Der Komponist Rudi Goguel, damals Häftling ebendort, hielt sich hingegen bescheiden im Hintergrund, in älteren Liederbüchern der DDR fehlte mitunter sogar sein Name. Einer der Textdichter, der Mitgefangene Wolfgang Langhoff, war da weit bekannter.

Der Besuch einer höheren Bildungsstätte war dem am 21. April 1908 in Straßburg geborenen Sohn eines Konservatoriumsdirektors nicht vergönnt gewesen. Nach dem Abitur in Freiburg i. Br. fehlte Rudi Goguel schlicht das Geld für ein Studium; als kaufmännischer Angestellter verdiente er sich etwa ab 1926 in Düsseldorf seinen Lebensunterhalt. Als aktiver Gewerkschafter und Kommunist war er schon von April bis Oktober 1933 eben in jenem KZ Börgermoor seiner Freiheit beraubt, und nach neuerlicher Verhaftung im September 1934 begann sein »langer Weg« – so im Titel seines 1947 erschienen autobiographischen Berichts über diese Zeit – durch Gefängnisse und KZ. Gleich Erwin Geschonneck überlebte er wie durch ein Wunder die Bombardierung des mit Häftlingen vollgepfropften Schiffes »›Cap Arcona‹«. In seinem, in zwei Auflagen 1972 im Röderberg-Verlag (Frankfurt a. M.) herausgegebenen Buch »Cap Archona« trug er akribisch alle Fakten zur Aufhellung des tragischen Ereignisses zusammen. Die ersten Nachkriegsjahre waren für ihn mit journalistischen und verlegerischen Aktivitäten in den Westzonen bzw. in der Bundesrepublik ausgefüllt, 1953 übersiedelte er in die DDR, wo er als Abteilungsleiter im Ostberliner Deutschen Institut für Zeitgeschichte tätig war. Ab 1960 leitete er eine Arbeitsstelle zur westdeutschen Ostforschung an der Humboldt-Universität und promovierte dort bei dem bekannten Osteuropahistoriker Eduard Winter. Von 1968 an war er freischaffender Publizist. Sein wohl bedeutsamstes Werk ist die 1959 unter seiner Redaktion erschienene Dokumentation »Polen, Deutschland und die Oder-Neisse-Grenze«. Verdienstvoll war auch seine Mitarbeit am Band »Kennzeichen J« (1966, 2. Aufl. 1981).

Rudi Goguel starb 1976.

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