nd-aktuell.de / 19.04.2008 / Kultur / Seite 14

PLATTENBAU

Thomas Grossman

New AmErykah«, das erste Album von Erykah Badu (37) seit über vier Jahren, ist das Comeback eines Stars, der nie ganz weg war – immerhin war die schwarze Texanerin durch viele Konzerte und einige Versuche als Schauspielerin präsent. Vor allem ist es ein HipHop-Album geworden – mit zahlreichen Einflüssen von Soul und Jazz.

»New AmErykah« ist bahnbrechend und kraftvoll, aber auch kantig und bizarr – kommerziell ist allenfalls die Single »Honey«, die als sogenannter »hidden track« nachgereicht wird. Ein USA-Musikexperte meinte gar: »Dieses Album ähnelt in nichts dem, was sonst so auf dem Markt existiert, und gerade das macht es so aufregend.« Am meisten überzeugt von dem Werk ist Erykah Badu selbst – bezeichnete sie es doch als ihr Opus magnum. »Ich schwöre bei Gott, dass das mein künstlerischer Höhepunkt ist«, sagte sie, meinte damit aber auch ihre sonstigen Aktivitäten in diesem Jahr. So erscheint im Sommer der zweite Teil des Albums, und ein weiterer Longplayer – ohne Beziehung zu den ersten beiden – ist für den Herbst angekündigt. Außerdem will sie im Sommer ein Life-style-Magazin starten.

Ihren ersten größeren Erfolg hatte Badu 1997 mit ihrem Debüt »Baduizm«. Es verkaufte sich fünf Millionen Mal, warf zwei Grammys ab und man verglich sie prompt mit Größen wie Billie Holiday, Diana Ross oder Chaka Khan. Als sie dann im Jahre 2000 »Mama's Gun« nachlegte, feierte man sie als die Königin des Neo-Soul. Damit führte sie weitere schwarze Songwriterinnen wie Jill Scott, Angie Stone oder Macy Gray an, die alle politisch links von der Mitte standen. Doch mit dem Erfolg kamen die Rückschläge. Erykahs manchmal exzentrisches Gebahren, ihr Liebesleben oder ihre oft verschrobenen Ansichten (Interesse für Astrologie und die Macht des positiven Denkens) machten sie angreifbar. Hinzu kamen Schreibblockade und Selbstzweifel. Erst mal kümmerte sie sich also um ihre kleinen Kinder. Doch Weihnachten 2004 schenkte ihr ein Musiker-Kollege einen Computer. Bald kreierte sie darauf selbst Lieder – und konnte gleichzeitig ihre Kinder im Auge behalten. In etwa einem Jahr schuf sie 75 Songs, die sie nun über drei Alben verteilt hat.

»New AmErykah« sind Gedankenfetzen zur Lage der (schwarzen) Nation – sehr persönlich geraten. Der Song »The Healer« preist den Hip-Hop, das große Heilmittel – mächtiger als Religion oder die Regierung. »Me« ist eine Liebeserklärung an Erykah selbst, an ihre Kinder und an den (umstrittenen) schwarzen Führer Louis Farrakhan. »My People« ist ein Aufruf an die Afroamerikaner, trotz Donner, Blitz und Feuer auszuhalten, zu überleben, vorwärts zu marschieren. »Soldier« – wohl der Schlüsselsong – prangert ausgehend von einem hoffnungsvollen schwarzen Jungen, der später dem Rauschgift erliegt, das Leben in den USA an, mit all den Drogen, dem Krieg in Irak, schmutzigen Polizisten und dem allgegenwärtigen Dollar. »Twinkle« erzählt von den Afroamerikanern im Ghetto, die »im Blut« enden. »Telephone« schließlich ist ein Song für Badus Produzenten J Dilla, der vor zwei Jahren, 32-jährig, an einer Blutkrankheit starb.

Erykah Badu: New AmErykah (Part One/Universal)