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Neonazis fallen in Flandern ein

Aufmärsche zu Hitlers Geburtstag geplant

  • Tobias Müller, Amsterdam
  • Lesedauer: 2 Min.
Flandern ist als Versammlungsort militanter Rechtsextremisten bekannt. Belgiens Regierung sieht jedoch bislang keine Möglichkeit für ein gesetzliches Vorgehen gegen die Aktivitäten der Neonazis. Antifaschisten bezweifeln, dass der Justiz die Hände gebunden sind.

»Sie dachten, wir wären verschwunden und der Widerstand bestände nicht mehr. Sie haben sich getäuscht!« Mit diesen Worten kündigt der flämische Zweig der internationalen Neonazi-Organisation »Blood & Honour« auf seiner Internetseite neue Aktivitäten an. Einige Monate war es still um die Gruppe, doch mit Ruhe und Zurückhaltung soll an diesem Wochenende Schluss sein: Mit zwei großen internationalen Treffen von Gesinnungsgenossen in Flandern will »Blood & Honour« Hitlers Geburtstag begehen. »Eine neue Ära beginnt«, heißt es dazu im Internet.

Seit die geplanten Aktionen vor wenigen Tagen bekannt wurden, diskutiert man in Belgien über die Haltung des Staates zu faschistischen Veranstaltungen und über ein mögliches Vorgehen gegen solche Aktivitäten. Die Liberaldemokratische Partei VLD und die Grünen wandten sich an Innenminister Patrick Dewael (VLD), um die Möglichkeiten eines Verbots auszuloten. Dewael verwies dagegen auf unzureichende juristische Mittel und forderte seinerseits das Parlament auf, eine entsprechende Gesetzesinitiative in Angriff zu nehmen. Auch Justizminister Jo Vandeurzen von der christdemokratischen CD&V sieht im Rahmen der bestehenden Gesetze keine Möglichkeit eines staatlichen Eingreifens.

Genau das aber wirft ihm die Antifaschistische Front (AFF) vor: Als die CD&V noch in der Opposition war, habe Vandeurzen stets erklärt, es gebe ausreichende gesetzliche Voraussetzungen, der Rolle Flanderns als regelmäßigem Aufmarschort der Neonaziszene ein Ende zu bereiten. Die AFF kritisiert seit langem, dass Sicherheitskräfte dem Treiben der Nazis tatenlos zusähen, »solange nach außen alles ruhig bleibt«. Flandern habe sich zu einem »Freihafen internationaler Nazitreffen« entwickelt. Tatsächlich ist es am Wochenende das zehnte Mal innerhalb von zwei Jahren, dass entsprechende Großveranstaltungen dort stattfinden sollen. Das Argument der Regierung, es handele sich um private Treffen, die zudem durch die Versammlungsfreiheit geschützt seien, akzeptiert die AFF nicht: »Wie privat ist so ein Fest, das auf Webseiten und in Internetforen angekündigt ist?« Auch das Forum der Jüdischen Organisationen (FJO) in Belgien fordert Innen- und Justizministerium »dringend« zu einem Verbot der Veranstaltungen auf.

Seit Jahren dient der nördliche Landesteil Belgiens militanten Rechtsextremisten wie »Blood & Honour« oder ihrem Ableger »Blut, Boden, Ehre und Treue« (BBET) als Versammlungsort. Neben einer offen demonstrierten SS-Verehrung, die sich häufig in Aufzügen auf dem Soldatenfriedhof im limburgischen Lommel widerspiegelt, machen die Neonazis auch mit Trainingscamps von sich reden. 2006 wurden erhebliche Waffenfunde bei einem weiteren »Blood & Honour«-Ableger gemacht: Die Terrorgruppe »Combat 18« hatte mit dem Aufbau einer paramilitärischen Abteilung innerhalb der Armee begonnen. Ende letzten Jahres stellte die Polizei bei weiteren Razzien im Umfeld der Gruppe abermals Waffen sicher.

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