Linke Eckpfeiler

  • Lothar Bisky
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Medienwissenschaftler ist Parteivorsitzender der LINKEN und Herausgeber des ND. ND-
Der Medienwissenschaftler ist Parteivorsitzender der LINKEN und Herausgeber des ND. ND-

Links wirkt – auch wegen der Wahrnehmungsverzerrungen der politischen Konkurrenz, die unverdrossen darauf beharrt, dass nicht sein kann, was nicht sein darf: eine wachsende Linke. Der Bundesvorstand der CDU verteilt Agitationsmaterial an seine Funktionäre, in dem eine linke »Bedrohung« herbeigelogen wird. Der Verfassungsschutz leistet Feuerschutz. Amtsmissbrauch, eindeutig. Beide Großparteien leisten sich ihn schamlos. Beck spricht weiter von der »sogenannten« Linken. Das kann man ihm durchgehen lassen, solange er sogenannter Vorsitzender bleibt. Nicht durchgehen lassen mag ich die dreiste Lüge, DIE LINKE habe kein Programm, wisse nicht, was sie wolle.

DIE LINKE hat vor einem Jahr ein Programm vorgelegt, sonst wäre sie gar nicht – siehe Parteiengesetz – als Partei registriert worden. Ich dachte, die Großparteien kennten dieses Gesetz. Die Programmatischen Eckpunkte der LINKEN waren auf den noch getrennten Parteitagen von PDS und WASG angenommen worden, danach in Urabstimmung von den Mitgliedern beider Parteien mit großer Mehrheit akzeptiert und noch einmal auf dem Gründungsparteitag am 16.6.2007 bestätigt worden. Meines Wissens gibt es keine andere Partei in Deutschland, die ihr Programm einer Urabstimmung unterzogen hat.

Sicher, die Programmatischen Eckpunkte formulieren auch Fragen für die weitere Debatte. Aber gibt es überhaupt eine Partei, die Anfang des 21. Jahrhunderts die Behauptung wagt, sie hätte auf alle Fragen bereits eine Antwort? Eine vom Parteivorstand der LINKEN eingesetzte Programmkommission wird bald Texte vorlegen, die in der Mitgliedschaft breit diskutiert werden. Das ist unser Prozess der Identitätsfindung für die neue Linke im 21. Jahrhundert. Das neue Programm könnte dann im Ergebnis umfassender Debatten 2010/11 verabschiedet werden – bis dahin nennen wir unser Programm unüberheblich Programmatische Eckpunkte.

Die Bundestagsfraktion der LINKEN hält sich zudem streng an ihr Wahlprogramm. Derweil kümmern sich CDU wie SPD einen Teufel um ihre Wahlaussagen, handeln nachweislich sogar gegenteilig – man denke nur an die »Merkelsteuer« oder die Wandlung der Kanzlerin von der wahlkämpferischen eisernen Lady zur sozialdemokratisch weichgespülten neoliberalen Softy-Ausgabe. Heute gehört es zur Erfahrung der Bürgerinnen und Bürger, dass man sich auf die Wahlaussagen der LINKEN verlassen und die der beiden Großparteien vergessen kann.

Dank des Drucks der linken Wahlerfolge auf die Regierungsparteien sind leichte soziale Verbesserungen möglich. Selbst die (zu geringe) Erhöhung der Renten, die manchen schon wieder Sodom und Gomorrha beschwören lässt, wäre ohne die »Bedrohung« durch die LINKE nicht gekommen. Brächte man Steuern und Abgaben in Deutschland auf europäisches Durchschnittsniveau, könnte das Geschrei über die Unbezahlbarkeit zwingender sozialer Leistungen beendet, Arbeitnehmer und kleine Unternehmen könnten gerechterweise entlastet werden.

Freilich: Steinbrück könnte dann den großen Unternehmen und Vermögenden nicht weitere Steuergeschenke hinterherschmeißen und wäre eines Tages angehalten, den vermeintlichen Sinn einer Tatsache zu begründen: Warum gibt die Bundesrepublik Deutschland drei Mal mehr Geld für Militär als für Entwicklungszusammenarbeit aus und warum will sie in der EU mit dem Lissabon-Vertrag künftig noch mehr für Aufrüstung ausgeben? Programmatische Betonköpfe pflegen bis heute militärische als moderne sicherheitspolitische Lösungen. Dagegen stehen friedenspolitische und soziale Eckpfeiler – im Programm der LINKEN.

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