nd-aktuell.de / 21.04.2008 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 10

Fuchs und Hase in der Stadt

Meister Lampe wandert in ostdeutsche Hochhaussiedlungen ein

Dieter Köhler
Füchse und Kaninchen, ja selbst Wildschweine sind nichts Neues mehr in Städten. Doch nun folgt ihnen der selten gewordene Feldhase.

Bei einem Spaziergang zu früher Stunde kann man ihn im Osten Berlins antreffen – den Feldhasen. Ob Fachmann oder Laie, keiner, dem ich meine ersten Beobachtungen schilderte, wollte glauben, dass der Hase, den die meisten Mitmenschen für einen scheuen Bewohner des freien Feldes halten, in den Wohngebieten der Stadt anzutreffen ist. So konnte man zu Ostern in einer Tageszeitung der Stadt lesen, Berlin sei de facto hasenfrei. In der Stadt handele es sich meist um Kaninchen. Dabei sind die kleineren Verwandten des Hasen infolge der Virusseuche Myxomatose und des Chinafiebers an vielen Stellen verschwunden. Auch bei den Naturschutzverbänden ist der in die Stadt vordringende Feldhase offenbar noch kein Thema.

Mindestens 35 Fundplätze mit rund 50 Feldhasen wurden von Naturfreunden inzwischen im bebauten Stadtgebiet nordöstlich der Spree beobachtet.

Was zieht den Feldhasen in die Stadt? Immerhin trifft er hier seine natürlichen Feinde wie die Krähenvögel und die Füchse vermutlich häufiger an als etwa in Brandenburg. Nicht zu vergessen Hauskatzen, Hunde und den Menschen. Doch während die Langohren außerhalb der Stadt fliehen, sobald sich ein Mensch nähert, hält er sich zwischen Häusern und Autos eher gelassen auf Abstand.

Es geht dem Hasen in der Feldflur nicht sonderlich gut, sein Bestand reduzierte sich mehr und mehr, so dass er in manchen Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten zu finden ist. Über die Ursachen wird fleißig geforscht. Die intensive Landwirtschaft ist wohl der Hauptgrund, weshalb wir Meister Lampe in seinem eigentlichen Lebensraum immer seltener zu Gesicht bekommen. Der großflächige Anbau nur weniger Nutzpflanzen engt seine Nahrungsauswahl zu sehr ein. Für einen gesunden Hasenbestand ist, wie zahlreiche Untersuchungen ergaben, eine abwechslungsreiche, energiereiche Pflanzenkost eine wichtige Voraussetzung. Des Weiteren fehlen in der ausgeräumten Agrarlandschaft ausreichende Versteckmöglichkeiten.

In der Stadt findet der Feldhase in den Grünanlagen zwischen den Hochhäusern, auf Brachen oder in Parks eine sehr abwechslungsreiche Nahrung vor. Die Vegetation wird durch die Rasenpflege nicht zu hoch, was ihm gute Sicht und Fluchtmöglichkeiten bietet und unter den zahlreich vorhandenen Büschen und Hecken finden die Hasen ausreichend Schutz. Und da der Hase in der Stadt gute Lebensbedingungen vorfindet, klappt es auch mit dem Nachwuchs. Von einigen Stellen Berlins wurden Junghasen gemeldet, so gab es auch in diesem Jahr Märzhasen in einem Park, 4,5 Kilometer vom Zentrum entfernt.

Die »Verstädterung« des Feldhasen ist nicht auf Berlin beschränkt, auch aus anderen ostdeutschen Großstädten liegen Informationen vor – vielleicht eine Folge der weiträumigen Hochhaussiedlungen mit ihren reichlichen Freiflächen und Heckenpflanzungen.