Das Ungefähre

Rudolf Nurejew: Bilder eines Lebens

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 2 Min.

Als Rudolf Nurejew 1992 an der Lindenoper sein »Dornröschen« einstudierte, war er schon von schwerer Krankheit gezeichnet. Die strahlenden Jahre des furiosesten Tänzers seiner Ära lagen lange hinter ihm. Besonders seit der spektakulären Flucht 1961 auf dem Pariser Flughafen, fort vom Kirow-Ballett, stand er im Blickpunkt der Medien.

Zahllose Bildbände dokumentieren seine triumphale Karriere. Dass es noch unpubliziertes Material gibt, grenzt an ein Wunder. »Nurejew. Bilder eines Lebens« (hrsg. v. Pierre-Henri Verlhac, Henschel, 186 S., geb., 34 Euro) in elegant dunkelrotem Einband enthält unter den 150 großenteils ganzseitigen Schnappschüssen viele Erstveröffentlichungen – vom Studenten der Leningrader Waganowa-Akademie über seine großen Rolleninterpretationen bis zum hageren, durch wochenlange Tourneen ausgezehrten Starballerino der Spätära. Als Ballettdirektor, Choreograf, Dirigent rückt er ebenso ins Bild wie in vielen Privatporträts. Meist sind sie schwarzweiß, erfassen das kometenhaft Ungefähre einer Leuchterscheinung von betörend sinnlicher Schönheit, auch den Dandy in Seide oder Leder, in prominenter oder erlauchter Gesellschaft.

Je mehr er körperlich verfiel, desto stechender wurde sein Blick, als wolle er festhalten, was er verlieren würde. Am Ende steht das uneitle Porträt eines Müden, Zerstörten, Gehetzten (Foto aus dem Band). Dem Tanz, besonders dem männlichen, hat er mehr gegeben als jeder seiner Vorgänger. Vladimir Malakhov nennt ihn im Vorwort eine Urgewalt, Ana Veblen überschreibt ihren biografischen Essay »Der dunkle Prinz«. Biografische Daten, Rollenverzeichnis sowie eine Liste seiner Choreografien und Filme komplettieren eine Edition, die von den intensiven Fotokommentaren zu einer singulären Persönlichkeit lebt.

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