SPD-Basis murrt gegen Bahnprivatisierung

Beck wirbt bei Gewerkschaftern um Zustimmung – »auch wenn ihr dabei Bauchgrimmen habt«

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Vor der für den heutigen Montag angesetzten SPD-Parteiratssitzung, die eine Weichenstellung für das Holding-Modell zur Teilprivatisierung der Bahn bringen soll, hat Parteivorsitzender Kurt Beck beim Bundeskongress der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in Kassel am Wochenende um Zustimmung für seinen Privatisierungskurs geworben.

Während vor der Halle die Kasseler LINKE und das Bündnis »Bahn für Alle« gegen den Börsengang protestierten, verteidigte drinnen Kurt Beck die Pläne, maximal 24,9 Prozent der Aktien der neuen Bahn-Verkehrsholding an Private zu veräußern. Er begründete dies vor allem damit, dass der 2005 vereinbarte Koalitionsvertrag mit der Union die Privatisierung vorsieht. Damit könne »Geld für die Zukunft erwirtschaftet« werden. Mit flankierenden Tarifverträgen und anderen Vereinbarungen würden Arbeitnehmerinteressen und die Belange der Allgemeinheit berücksichtigt, versprach der Parteichef. Sollten andere Parteien allerdings noch größere Anteile privatisieren wollen, »dann werden wir das zum Wahlkampfthema machen«, versprach Beck und bat die versammelten Gewerkschafter um Unterstützung, »auch wenn ihr dabei ein Bauchgrimmen habt«.

In der Sache wollten die Delegierten Becks Rat nicht folgen. »Es wird nicht bei 24,9 Prozent bleiben«, warnte der Frankfurter Michael Altmann. Im Namen der hessischen und thüringischen Delegierten bekräftigte er ein grundsätzliches Nein. »Die Bahn hat den Bürgern zu dienen und nicht eine kleine Minderheit zu bereichern. Wenn wir einen Spalt öffnen, gibt es keinen Halt mehr«, erklärte auch der Darmstädter Horst Raupp. »Ich bin ein Geschädigter der Privatisierung eines Krankenhauses. Alle Sicherungen und Tarifverträge haben nichts geholfen«, gab ein Delegierter zu bedenken. »Privatisierung endgültig stoppen«, heißt es in einem Kongressbeschluss, der das vorliegende Holding-Modell ablehnt und fordert, den Schienenverkehr aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren.

Trotz derlei Grummelns folgten die Delegierten dann doch dem Rat ihres AfA-Bundesvorsitzenden Ottmar Schreiner und verzichteten auf die Forderung nach einem Sonderparteitag zur Verhinderung der Bahnprivatisierung in letzter Sekunde. »Das wäre nämlich das rasche Ende des Parteivorsitzenden«, warnte Schreiner und setzte damit auf Loyalität und die Angst, bei einem Sonderparteitag könnte Beck »demontiert« werden.

Demgegenüber verlangte ein SPD-Unterbezirksparteitag in Frankfurt (Main) am Sonnabend einen Sonderparteitag. Auch die Jusos wollen sich weiterhin die Forderung nach einem Sonderparteitag offenhalten, erklärte Vorsitzende Franziska Drohsel der dpa. Für den allerdings wäre ein Quorum von mindestens 8 der 20 SPD-Regionalverbände nötig.

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