Indiens Naxaliten weiter auf Kriegspfad

Das Beispiel der Maoisten Nepals bewirkt im Nachbarland bisher noch nichts

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 2 Min.
Während in Nepal nach den Wahlen zum Verfassungskonvent das Tauziehen um die Regierungsbildung begonnen hat, überlegen indische Politiker, welche Schlüsse sie aus dem Erfolg der nepalischen Maoisten für den Umgang mit den militanten Maoisten im eigenen Land ziehen sollen.

»Der größte Vorteil, den Indiens Regierung aus dem maoistischen Sieg in Nepal ziehen könnte, ist die Beispielwirkung auf die Maoisten in Indien.« Das schrieb dieser Tage Hormis Tharakan, der frühere Chef der geheimdienstlichen Agentur für Forschung und Analysen, in der Zeitung »Indian Express«. Bislang scheint es jedoch, als fände diese Ansicht weder bei den Maoisten, die in ausgedehnten Teilen Indiens unter der Bezeichnung Naxaliten militärisch aktiv sind, noch bei Verantwortlichen in der Regierung Gehör. »Wir werden niemals dem Beispiel der Maoisten in Nepal folgen und uns an Wahlen beteiligen. Wir glauben an eine Machtergreifung durch bewaffneten Kampf«, sagte Srinivas, Mitglied des ZK der illegalen KP Indiens (Maoistisch), kürzlich einer Nachrichtenagentur.

Auch auf der anderen Seite glaubt man an eine gewaltsame Lösung. Premier Manmohan Singh bezeichnete den Naxalismus wiederholt als »größtes Problem der inneren Sicherheit«. Halbherzige Versuche im Unionsstaat Andhra Pradesh, mit den Maoisten in einen Dialog zu treten und ihnen Spielraum für legales Wirken einzuräumen, wurden schnell wieder aufgegeben. Die Behörden negieren weitgehend, dass die Entstehung der maoistischen Bewegung in den 60er Jahren auch soziale und wirtschaftliche Gründe hatte und dass die Naxaliten vor allem unter den Ärmsten, den Ureinwohnern, Anklang finden.

Im Unionsstaat Chattisghar bildete die Regierung »Selbstverteidigungskommandos« (Salwa Judum), um in die Gegenoffensive zu gehen. Diese Gruppen, oft aus Minderjährigen bestehend, wurden bewaffnet und erhielten den Status von Sonderpolizeitrupps. Das Resultat war katastrophal: Die »Todesschwadronen« der Salwa Judum verselbstständigten sich und zogen über Dörfler her, die sie verdächtigten, mit den Naxaliten zu sympathisieren. Ganze Gemeinden wurden geplündert und gebrandschatzt. Menschenrechtler, die dieses Treiben kritisierten, wurden der Kollaboration mit den Naxaliten angeklagt und kamen hinter Gitter.

Nepals Maoisten sind sehr vorsichtig mit öffentlichen Ratschlägen an ihre Genossen im südlichen Nachbarland. Parteichef Pushpa Kamal Dahal Prachanda äußerte am Montag in einem Interview, die Bemühungen der KPN (M) stellten nicht nur für Indiens Maoisten neues Studienmaterial dar. Wie seine Partei von der Waffe zur Wahlurne wechselte, wie sie Herz und Verstand der Menschen eroberte und wie sie es schaffte, zum Initiator der Bildung einer Koalitionsregierung zu werden und maßgeblich an der Ausarbeitung einer neuen Verfassung mitzuwirken – das alles werde »Gegenstand einer sehr intensiven Debatte mit weltweitem positiven Effekt für alle Maoisten«, gab sich Prachanda zuversichtlich.

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