Im Namen des Volkes

Griechenland: Kampagne gegen EU-Vertrag

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.
In der Woche vor dem orthodoxen Osterfest startete Griechenlands Linksbündnis SYRIZA eine Initiative gegen den Lissabonner Vertrag. Neben der Forderung nach einer Volksabstimmung geht es um Aufklärung über die Konsequenzen des Abkommens.

Ausgerechnet in den Tagen vor dem orthodoxen Osterfest startete in Griechenland eine Kampagne gegen den im Dezember letzten Jahres verabschiedeten EU-Reformvertrag. Dies habe durchaus seine Gründe, erklärte Alekos Alavanos am Dienstag vergangener Woche in Athen. So könnte einerseits der Leiden Christi gedacht werden, andererseits gebe es aber auch »Festtage der Spekulanten«, erläuterte der Parlamentarier der Linksallianz Synaspismos mit Blick auf die Übernahmeversuche der griechischen Telefongesellschaft OTE durch die Deutsche Telekom. Wenn in Griechenland, wie überall in Europa, gewinnbringende Staatsunternehmen privatisiert und marode Privatbanken durch Steuergelder gestützt würden, dann hätte dies unmittelbar mit dem in Lissabon beschlossenen Reformvertrag zu tun, der ein solches Vorgehen legalisiere und praktisch in Verfassungsrang hebe.

Der EU-Vertrag, eine im kleinen Kreis ausgearbeitete Neuauflage der von Franzosen und Niederländern in Volksabstimmungen abgelehnten europäischen Verfassung, »verpflichtet die EU auf eine freie und unkontrollierte Marktwirtschaft, negiert den Sozialstaat, fördert die Militarisierung und schränkt die Möglichkeiten demokratischer Verfahrensweisen innerhalb der EU ein«, fasste Alavanos die Kernpunkte des Regelwerks zusammen.

Was dies konkret bedeutet, erläuterte Giannis Banias. Im Detail sei der Reformvertrag sogar noch schlimmer als seine gescheiterte Vorgängerin, erklärte der Abgeordnete der mit dem Synaspismos im Wahlbündnis SYRIZA vereinten Partei AKOA. Die im Verfassungsentwurf noch enthaltene Grundrechtecharta sei nun nur noch als Paralleltext dem Reformvertrag beigestellt, so dass es im Endeffekt jedem Mitgliedsland selbst überlassen bleibe, ob es sich daran halten wolle. Auch in sozialen Bereichen seien Abstriche gemacht worden. Hatte der Verfassungsentwurf noch das Recht auf kostenlose Bildung einschließlich des Studiums an Universitäten festgeschrieben, so ist im Reformabkommen nur noch die Rede von einer kostenfreien Ausbildung im Rahmen der gesetzlichen Schulpflicht.

Angesichts der Tatsache, dass selbst bei größten Anstrengungen ein Referendum kaum zu erreichen ist, mag die Kampagne gegen die Ratifizierung des Reformvertrages wie ein Kampf gegen Windmühlenflügel erscheinen. Da aber – nicht nur in Griechenland – die Konsequenzen der weitgehend ohne demokratische Kontrolle beschlossenen EU-Regelungen weder bekannt noch bewusst sind, könnte die von Veranstaltungen und Informationskampagnen begleitete Initiative dazu beitragen, den Widerstand der Betroffenen gegen Neoliberalismus und Sozialabbau insgesamt zu stärken.

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