• Politik
  • 1. Mai: Demonstrationen für soziale Rechte, Mindestlöhne und gegen Neonazis

Schweres Heimspiel für Kurt Beck

DGB-Kundgebung in Mainz mit kämpferischen Tönen und Konflikt um Bahnprivatisierung

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der DGB hat beim diesjährigen Tag der Arbeit Niedriglöhnen den Kampf angesagt. Auf der zentralen Maikundgebung in Mainz sprach sich neben DGB-Chef Sommer auch der SPD-Vorsitzende Beck für Mindestlöhne aus.

Bei der zentralen Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz hat sich der DGB-Bundesvorsitzende Michael Sommer für die umgehende Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, einen Abbau der Leiharbeit, Vollbeschäftigung zu menschenwürdigen Bedingungen und strikte Regulierungen gegen Finanzspekulationen ausgesprochen. 75 Jahre nach der Zerschlagung des ADGB durch die Nazis seien und blieben die Gewerkschaften »das Stärkste, was die Schwachen haben«, sagte Sommer und verlangte ein NPD-Verbot.

In seiner Rede rief er den Gewerkschaftern zu, der DGB werde den Kampf um den Mindestlohn fortsetzen, »bis wir ihn durchgesetzt haben«. Je länger dieser Kampf andauere, »desto mehr werden wir die Marke von 7,50 Euro auf das Normalmaß der europäischen Industriestaaten anheben müssen«, erklärte der DGB-Chef und spielte damit auf die Tatsache an, dass in Frankreich der Mindestlohn bei 8,44 Euro liegt.

Sommer beklagte die neu aufgeflammte Rentendiskussion: »Es widert mich an, wenn heute Boulevardpresse, Jungpolitiker und Professoren so tun, als ob die drohende Altersarmut eine Erfindung der Gewerkschaften wäre.« Damit solle ein vermeintlicher Konflikt zwischen Jung und Alt herbeigeredet werden. »Die Trennlinie verläuft aber zwischen Arm und Reich. Diese Schere wird immer größer«, rief Sommer unter starkem Beifall der Teilnehmer aus. Der DGB-Chef forderte eine Reichensteuer, damit sich »die Bestverdiener in diesem Land wenigstens ein bisschen an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen«. Die Eliten hätten mit unverantwortlichen Finanzgeschäften die Weltwirtschaft in eine Krise gestürzt, »von der wir noch nicht wissen, wie tiefgreifend sie auch unsere Volkswirtschaft erschüttern wird. Gegen Hedgefonds, Investmentbanken und gierige Anleger seien wirksame Regulierungen und Transparenzregeln bis hin zum Verbot spekulativer Unternehmenskäufe notwendig.

Der SPD-Vorsitzende und Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck sprach sich auf der Kundgebung erneut für Mindestlöhne und gegen Studiengebühren aus und verteidigte im Gespräch mit Sommer die unter der Regierung Schröder eingeführten Hartz-Gesetze als eine Grundlage für die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze.

Dass der Auftritt Becks nicht zum leichten Heimspiel des Pfälzers wurde, war auch den unübersehbaren Plakaten und Transparenten von Gewerkschaftern und Privatisierungsgegnern des Bündnisses »Bahn für Alle« geschuldet, die die jüngste Weichenstellung der Großen Koalition für einen Börsengang kritisierten. »Kurt Beck nah beim Kapital«, lautete eine Parole auf Pappschildern, »Börsenbahn am Bürger vorbei – Basta, Beck!« eine andere. Der SPD-Chef reagierte auf die Proteste sichtlich genervt und beteuerte, dass ihm führende Vorstandsmitglieder der Bahngewerkschaft Transnet mit dem Austritt aus der SPD gedroht hätten, wenn er sich gegen eine Teilprivatisierung gestellt hätte. Anwesenden kritischen Transnet-Mitgliedern, die ihm über eine andere Stimmungslage an der Basis berichten wollten, ging Beck aus dem Weg.

»Mit dem DGB gegen Ausverkauf und Zerschlagung unserer Bahn«, hieß es auf einem Flugblatt, das auf die Beschlusslage des DGB-Bundesvorstands anspielte. Michael Sommer sagte dazu, »wir haben in dieser Frage die Auseinandersetzung verloren und unser Ziel, die Bahnprivatisierung zu verhindern, nicht erreicht«. Er fügte jedoch an: »Die Politiker, die diese Privatisierung heute beschließen, sollen aber nicht morgen scheinheilig gegen Streckenstilllegungen protestieren und den DGB holen, so wie sie heute gegen Schließungen von Postfilialen protestieren oder einen DSL-Anschluss der Telekom im Hunsrück vermissen. Das sind alles Folgen der Privatisierung.«

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