Die Lerche

Kishons Satire im Bimah

  • Angelika Kettelhack
  • Lesedauer: 3 Min.

War es nun die Nachtigall oder die Lerche, die mit ihrem Gesang das Liebesgurren von Romeo und Julia, dem berühmtesten Liebespaares der Weltgeschichte, begleitete? Leider weiß es Shakespeare, der im Jüdischen Theater »Bimah« als lebende Figur neben der Bühne (Hebräisch »Bimah«) aus dem Bilderrahmen lugt und ständig Ansprüche an seinem Stück anmeldet, auch nicht mehr.

Romeo und Julia sind in die Jahre gekommen. Er als erfolgloser Ballettlehrer, sie als ewig nörgelnde Hausfrau. Die 14-jährige punkige Tochter hat sich in den ollen Shakespeare verliebt. Ständig kommt Besuch: Mal die alte Amme von Julia, die noch im Hause Capulet dient, und der Romeo rät, seine uralte ungeliebte Schwiegermutter zwecks Erbschaft die Treppe hinunterzustoßen. Mal Pater Lorenzo, der das Paar einst traute und nun senil ständig Figuren und Städte aus Shakespeare-Stücken verwechselt.

Die vergnügliche Satire von Ephraim Kishon ist geeignet, ein großes Publikum ins »Bimah« in Neukölln zu locken – etwa nach einem Spaziergang im nahen, sehr beliebten Körnerpark. Das Theater in der Jonasstraße, im einstigen Wohnhaus des Komponisten und Musikverlegers Willi Meisel, erreicht man über einen beschaulichen Innenhof und einen von zwei steinernen Bären und der Sicherheit bewachten Eingang. Im Foyer kann man vor der Vorstellung meist noch den israelischen Theaterdirektor, Regisseur und Schauspieler Dan Lahav und seine Theaterfamilie antreffen und beim Glas Karmelwein die persönliche Atmosphäre genießen. Im Zuschauerraum überwältigt den Besucher dann die wohlerhaltene Jugendstilpracht eines 170 Quadratmeter großen Tanzsaals. Dazu gehören noch ein Lesungsraum und eine lange Theke mit kleinem Speisesaal..

»Es war die Lerche« wird von drei Schauspielern gespielt. Romeo: »Ich wiederhol den Text jetzt einfach, weil Julia ja noch Zeit zum Umziehen braucht. So ist das eben beim Theater mit zu wenig Geld!« Dieser Text, denkt man, muss vom Regisseur eingebaut sein. Ist aber von Kishon. Zuzutrauen wäre er Dan Lahav, diesem Stehaufmännchen, der ohne Subvention das Theater am Leben erhält. Den Kultursenator, der ihn beschied: »Ich habe kein Geld«, soll er angemotzt haben: »Dann geh doch arbeiten!« Lahav lässt sich so leicht nicht unterkriegen. Mit Hilfe von Kultur will er Integration und Verständigung von Menschen aus verschiedenen Ländern und Religionen erreichen: »Heute gilt es ein Zeichen zu setzen in einem in Verruf geratenen Kiez, der in den Medien als sozial entgleistes Ghetto mit hohem gewaltbereiten Ausländeranteil gescholten wird.« Lahav ist eben besessen von seinen Ideen.

Bimah, Jonasstr. 22, Neukölln, Tel: 251 10 96, www.bimah.de

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