Nach dem Krieg

Badland von Francesco Lucente

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.

So hatte Jerry sich das nicht vorgestellt, als er in den Golfkrieg zog, nach Afghanistan, und schließlich nach Irak: dass er als Kriegsheimkehrer im Trailer enden würde mit seiner Familie, auf einem Grundstück, das Raum böte für den Bau eines Hauses, wenn denn Geld da wäre. Dass er würde froh sein müssen über seinen Niedriglohn-Job und dem Chef jede Gemeinheit nachsehen, damit es zu Hause für Miete und Lebensmittel reicht. Dass es keine Perspektive für ihn geben würde, der für sein Land nicht einmal, sondern gleich dreimal in den Krieg gezogen war – und nun als verachteter Habenichts ein würdeloses Leben fristet, schlaflos, von Nasenbluten heimgesucht und von Weinkrämpfen geschüttelt.

Als Jerry feststellt, dass sein Chef ihn nicht nur ausbeutet, sondern aktiv um den Lohn betrügt, dass seine Frau Nora Geld beiseiteschafft, um ihn mit den drei Kindern und dem Ungeborenen zu verlassen, sobald die knappen Ressourcen es erlauben, implodiert er. Bringt die Frau um, das Ungeborene, die beiden Söhne, die ihn längst mehr fürchten als lieben. Und schreckt vor der unbedingten Liebe seiner Tochter zurück. Sie kann er nicht töten, sie nimmt er mit auf die Flucht vor dem eigenen Leben.

»Badland« ist nicht der erste Film über den Irakkrieg und auch nicht der erste, der die US-Statistik bebildert, nach der häusliche Gewalt und tödliche Übergriffe durch Kriegsheimkehrer zu den Folgen des Irak-Einsatzes gehören. Häusliche Gewalt, die hier zum Hauptthema wird, erlebt man aber nicht aus den Augen des Opfers – Vinessa Shaws ewig nörgelnde Gattin ist so unerträglich, dass man aufatmet, wenn sie endlich stillschweigt –, sondern aus denen des Täters. Nicht er ist das Monster, sondern der Krieg, in den man ihn schickte. Deshalb gibt es eine Stunde lang in diesem gut zweieinhalbstündigen Film so etwas wie Hoffnung für ihn: auf eine neue Liebe, ein neues Leben, eine zweite Chance. Aus denen nichts werden kann – zu unverzeihlich war, bei allen mildernden Umständen, die Tat zu Beginn.

Lucente ist Kanadier, sein Film, der in Wyoming spielt, wurde in Alberta gedreht. Ein Produzent ist seine Frau, einer ist Deutscher, Hauptdarsteller Jamie Draven ist Brite, auch wenn er wie der ultimative All American Boy aussieht. Bruce Springsteen stellte einen Song zur Verfügung, aber in den USA wollte den Film trotzdem niemand sehen. Zu schmerzhaft die Wahrheiten, die er verkündet?

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