Kämpfe in Jemen wieder aufgeflammt

Huthi-Rebellen machen Armee verantwortlich

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 2 Min.
In Jemen sind die Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und den Huthi-Rebellen nordwestlich der Hauptstadt Sanaa neu aufgeflammt. Die Rebellen gehören zum Stamm der Saidi, einer Minderheit von schiitischen Muslimen in dem mehrheitlich sunnitisch-muslimischen Land.

Der Auslöser der aktuellen Kämpfe, die nach offiziellen Angaben bereits mehr als 50 Todesopfer gefordert haben sollen, ist umstritten. Während der Rebellenführer Abdulmalik Al-Huthi das Militär beschuldigte, kein Interesse am Frieden zu haben, werfen staatliche Sicherheitsbehörden den Rebellen vor, am vergangenen Freitag eine Bombe vor einer Moschee in der Provinzhauptstadt Saada gezündet zu haben. Sie forderte 16 Todesopfer, darunter sieben Soldaten, und verletzte über 40 Personen.

Die Rebellen weisen den Vorwurf zurück. Die Armee unternehme »aggressive und willkürliche Operationen mit schweren Waffen», erklärte Al-Huthi im französischen Radiosender RCM. »Die Befehlshaber weigern sich, den Krieg zu beenden, weil er ihren Interessen dient.« Um die Angehörigen des Saidi-Stammes und die Einwohner der Region zur Kollaboration mit der Armee zu zwingen, blockiere die Armee seit mehr als einer Woche verschiedene Bezirke und habe Lastwagen mit Nahrungsmitteln gestoppt, sagte Al-Huthi gegenüber dem UN-Informationsnetzwerk IRIN. Die Menschen sollten ausgehungert werden. Mitte April hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk zu Spenden von drei Millionen US-Dollar aufgerufen, um die 77 000 Inlandsvertriebenen in der seit vier Jahren umkämpften Provinz versorgen zu können.

Politische Beobachter vermuten hinter den Rebellen den Einfluss Irans, wo der schiitische Islam Staatsreligion ist. Die Rebellen erklären allerdings, keinen Kontakt zu Teheran zu haben. Sie kämpfen seit Jahren für die Wiederherstellung der religiösen Rechtsordnung des früheren Saidi Imamats, das 1962 gestürzt worden war. Die Rebellengruppe nennt sich nach ihrem ersten Anführer Hussein Badreddin Al-Huthi, der von der Armee bei Kämpfen 2004 getötet worden ist. Heute werden sie von seinem Bruder Abdulmelik geführt.

Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Rebellen dürfte auch die große Armut im Siedlungsgebiet der Saidis sein, das nahe der Grenze zu Saudi-Arabien liegt. Jemen ist das am wenigsten entwickelte Land der Arabischen Halbinsel und der islamischen Welt. Nach Angaben des Kinderhilfswerks UNICEF sterben jährlich 84 000 Kinder unter fünf Jahren an Unterernährung oder mangelnder medizinischer Versorgung. Die Sterblichkeitsrate von Neugeborenen liegt bei zehn Prozent.

Im Juni 2007 und im Februar 2008 war es dem Scheichtum Katar gelungen, eine Friedensvereinbarung zwischen den Rebellen und der Regierung zu vermitteln, die allerdings von Beobachtern schon damals als wenig belastbar eingeschätzt wurde. Doch die Armee lasse »die Waffen nicht ruhen und hat keinen unserer Gefangenen frei gelassen«, so Al-Huthi gegenüber IRIN. Um das erneute Blutvergießen zu beenden, sind die Vermittler aus Katar inzwischen in die Provinzhauptstadt Saada zurückgekehrt.

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