nd-aktuell.de / 08.05.2008 / Politik / Seite 6

»Weltweit bestes Land zum Leben«

Russlands neuer Präsident Medwedjew legt die Messlatte für seine Amtszeit sehr hoch

Irina Wolkowa, Moskau
Bereits beim ersten Satz von Dmitri Medwedjew, kaum, dass dieser am Mittwochmittag seinen Amtseid auf die russische Verfassung abgelegt hatte, war das Auditorium hellwach.

Seine wichtigste Aufgabe als Präsident, so der 42-Jährige, der am 2. März mit rund 70 Prozent aller Stimmen in das höchste Staatsamt gewählt wurde, sehe er darin, die politischen und wirtschaftlichen Rechte und Freiheiten der Bürger zu schützen und weiterzuentwickeln. Sie seien von der Verfassung als höchstes Gut anerkannt und machten den eigentlichen Sinn jeder Politik aus. Er werde mit voller Hingabe arbeiten und auch dafür sorgen, dass Kategorien wie Sicherheit, darunter rechtliche, nicht länger bloße Worte sind.

Er werde maximale Anstrengungen unternehmen, damit die Menschen besser leben, erfolgreich sind und mit Zuversicht in die Zukunft blicken können. Russland habe gute Chancen, »das weltweit beste Land für die Menschen zum Leben« zu werden. Dafür seien noch größere und schwierigere Aufgaben als bisher zu meistern. Russland und seine fleißigen, talentierten Bürger seien jedoch in der Lage dazu.

Ausdrücklich dankte Medwedjew dem scheidenden Präsidenten Wladimir Putin. Dessen ständige persönliche Hilfe habe er stets gespürt und hoffe, dies werde auch weiterhin so sein. Vor Medwedjew hatte Putin selbst das Wort ergriffen und der Nation für die Unterstützung seiner Politik in den acht Jahren seiner Amtszeit als Präsident gedankt. Es habe Fehler und Misserfolge gegeben, wichtig sei jedoch, dass Russland nicht mehr von der Hand in den Mund lebe und lediglich für einen Zeitraum von Wochen oder ein paar Monaten planen könne. Die Aufgaben, die jetzt vor dem Land stehen, seien langfristige und würden zum Teil Zeiträume von über dreißig Jahren umfassen.

Den knapp vierzigminütigen Feierlichkeiten zur Amtseinführung Medwedjews im Andreas-Saal des Großen Kremlpalastes wohnten knapp 2000 handverlesene Gäste bei: Minister, Abgeordnete von Duma und Senat, die Verwaltungschefs der Regionen und hohe Geistliche aller in Russland vertretenen Konfessionen. Das Staatsfernsehen übertrug live – sowohl den eigentlichen Festakt als auch das anschließende militärische Zeremoniell. Das Kremlregiment, auf den Tag genau vor 72 Jahren gegründet und in historischen Uniformen aus der Zeit Peters I. angetreten, präsentierte das Gewehr zum letzten Mal vor Putin, als dieser der Staatskarosse entstieg. Nach dem Festakt defilierte die Elite-Einheit an beiden Präsidenten vorbei.

An diesem Donnerstag tritt die Duma zu einer Sondersitzung zusammen, um Putin als Premier zu bestätigen. Über die Zusammensetzung seines Kabinetts, die reale Verteilung von Macht und Kompetenzen in Russlands neuer Doppelspitze und über Medwedjews Prioritäten können Experten bisher nur spekulieren. Dass Medwedjew sich mit seinen ersten Worten als Präsident für mehr Rechte und Freiheiten stark machte, so der Tenor, dürfe man nicht zu hoch hängen. Kommentar Seite 8