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Brückenkopf nach Osteuropa

Deutsche Telekom steigt beim griechischen Telefonkonzern OTE ein

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Deutsche Telekom steigt mit rund 25 Prozent beim griechischen Ex-Monopolisten OTE ein. Vor allem die zugesagte Kontrolle der Geschäftsführung sorgt für Protest.

Der Deal ist perfekt, die noch ausstehende Abstimmung im Parlament reine Formsache. Für rund 3 Milliarden Euro erwirbt die Deutsche Telekom AG 25 Prozent plus eine Aktie des griechischen Telefonkonzerns OTE. Weitere 25 Prozent plus eine Aktie verbleiben beim griechischen Staat, die restlichen 49 Prozent sind in Streubesitz.

OTE kontrolliert in Griechenland mit 825 000 Kunden den Löwenanteil bei Breitbandanschlüssen und etwa ein Drittel des Mobilfunkmarktes. Der Deutschen Telekom ermöglicht die OTE-Beteiligung gleichzeitig den Einstieg in weitere wichtige Märkte in Osteuropa. Hier sind die Deutschen bisher in Kroatien, Montenegro, Tschechien, Slowakei, Polen und Ungarn vertreten. OTE dagegen hält zwischen 20 und 100 Prozent der Telefon- und Mobilfunkgesellschaften in den rasch wachsenden Märkten von Bulgarien, Rumänien, Mazedonien, Serbien und Albanien.

Die Privatisierung von Staatsunternehmen gehört zu den vorrangigen Zielen der konservativen Regierung in Athen. Doch bereits ihre sozialdemokratische Vorgängerin hatte den Telefonkonzern 1996 an die Börse gebracht. Privaten Investoren war bisher allerdings der Besitz von mehr als 20 Prozent der Anteile untersagt – eine Regelung, die vor kurzem von der EU als wettbewerbsschädigend und damit nach EU-Recht unzulässig kritisiert worden war.

In den Reihen der Opposition stößt der Verkauf auf breite Ablehnung. Stein des Anstoßes ist vor allem die Bedingung der Deutschen Telekom, die operative Führung des Konzerns zu übernehmen. Dies wird dem Bonner Unternehmen laut Kaufvertrag zugesichert. Lediglich bei Entscheidungen, die Fragen der nationalen Sicherheit berühren, behält die griechische Regierung ein Vetorecht.

Die Gewerkschaften befürchten vor allem die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen oder gar Massenentlassungen. Man verweist auf Pläne der Deutschen Telekom, im Mutterland in den nächsten Jahren Tausende von Arbeitsstellen zu streichen. Beschäftigte protestierten in den letzten Wochen mehrmals gegen den Deal.

Dass ein deutscher Konzern einen derart sensiblen Bereich wie die Telekommunikation kontrollieren wird, weckt in Griechenland üble Erinnerungen an die nationalsozialistische Besatzung während des Zweiten Weltkriegs. »Kollaborateure gestern, Kollaborateure auch heute« heißt es auf einem Protestplakat. In Zeitungskarikaturen übergeben griechische Regierungspolitiker deutschen Herrenmenschen unterwürfig den Schlüssel zum Firmengebäude.

Ins gleiche Horn stoßen auch die Oppositionsparteien im Parlament. Im Fall einer Regierungsübernahme werde man alles tun, um das Management wieder in griechischen Staatsbesitz zurückzuholen, verkündete Oppositionsführer Giorgos Papandreou von der sozialdemokratischen PASOK. Der Vorsitzende der Linkspartei Synaspismos, Alexis Tsipras, forderte, 51 Prozent der Aktien in Staatsbesitz zu überführen. Ansonsten könne die Regierung gleich die deutsche Flagge über dem Amtssitz des Ministerpräsidenten hissen.

Lediglich die Kommunistische Partei, KKE, sieht das Problem nicht spezifisch beim deutschen, sondern beim Kapital überhaupt. Sie fordert eine staatliche Monopolgesellschaft für Telekommunikation, die nicht an Gewinnmaximierung, sondern an preiswerten Telefon-, Mobilfunk- und Internetanschlüssen für die Bevölkerung orientiert ist. Generalsekretärin Aleka Papariga erklärte sogar, die anderen Oppositionsparteien hätten nicht einmal das Recht, gegen den Ausverkauf von OTE zu protestieren, weil sie dem Vertrag von Maastricht zugestimmt hätten. »In ihm ist die Rede von Privatisierungen und von Liberalisierung der Märkte.«

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