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Köhler erhitzt die Gemüter, obwohl er eisern schweigt

In der Bundesversammlung wird es bei der Präsidentenwahl eng

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wahl des nächsten Bundespräsidenten hat einen festen Termin. Er ist noch über ein Jahr entfernt, und doch liefert er bereits die Schlagzeilen heutiger Zeitungsausgaben.

Während Horst Köhler selbst sich noch in vornehmes Schweigen hüllt, haben Union und FDP sich bereits für ihn entschieden und ihre Erwartung auch deutlich gemacht. Er soll am 23. Mai 2009 für eine zweite Amtszeit als Bundespräsident kandidieren. Erste Äußerungen aus den Reihen der SPD ließen auch in der Kandidatenfrage die Fortsetzung der Großen Koalition mit anderen Mitteln erwarten – der gemeinsamen Wahl in der Bundesversammlung. Doch mittlerweile haben sich auch erste Gegenmeinungen bei den Sozialdemokraten hören lassen. Zu diesen gehört etwa der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ralf Stegner. Es gebe keinen Grund zur Eile, die älteste Volkspartei Deutschlands solle den Anspruch auf einen eigenen Kandidaten nicht vorschnell preisgeben, so lauten die Argumente. Und auch der Name der beim letzten Versuch 2004 gescheiterten SPD-Favoritin, Gesine Schwan, ist bereits wieder aufgetaucht.

So könnte es eng werden für Köhler. Union und FDP verfügen nur noch über eine hauchdünne Mehrheit in der Bundesversammlung, die eigens für die Wahl des Staatsoberhaupts zusammentritt und die sich aus den 612 Bundestagsabgeordneten sowie einer gleichen Zahl von Abgeordneten aus den Ländern zusammensetzt. Die absolute Mehrheit liegt nach derzeitigem Stand bei 613 Stimmen – genau dort liegt derzeit die Stärke der unerschütterlichen Köhler-Befürworter. Grund: Anders als im Mai 2004, als Union und FDP-Vertreter Köhler dank absoluter Mehrheit gleich im ersten Wahlgang zum Sieg verhalfen, haben Wahlen wie in Hessen, Niedersachsen und Hamburg ihre Spuren in ihren Reihen hinterlassen. Wenn im Herbst in Bayern bei der Landtagswahl außer über die Besetzung des Landesparlaments indirekt auch über 92 Stimmen in der Bundesversammlung entschieden wird, könnte es mit der konservativen Mehrheit auf einen Schlag vorbei sein.

Eine Mehrheit der SPD ist allerdings erst recht nicht in Sicht, weil sie auf die Hilfe von Grünen und LINKEN vermutlich nicht zurückgreifen dürfte. Und während die LINKE in der Präsidentenfrage eher eine machttaktische Gelegenheit sehen und schadenfroh auf die SPD äugen dürfte, lassen die Grünen sich noch nicht in die Karten sehen. Mit Blick auf die Bayern-Wahl meinte Jürgen Trittin, der die Grünen als Spitzenkandidat in den nächsten Bundestag führen will, dass eine ernsthafte Debatte über dieses Thema vor der Bayern-Wahl letztlich sinnlos sei.

Doch die Unwägbarkeiten des Fünfparteiensystems auch in der Bundesversammlung haben ihr Ende spätestens im dritten Wahlgang. Dann nämlich muss der Kandidat nicht mehr die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen. Dann reicht die einfache Mehrheit von über 50 Prozent der anwesenden Mitglieder der Versammlung. So gesehen, muss Köhler nicht bangen und dürfte sein Schweigen bald beenden.

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