Wer hält nicht den Mund?

Deutschland hat einen neuen Aufreger. Chavez habe die Kanzlerin in die Nähe von Hitler gerückt, empören sich die Medien. Und zitieren EU-Kommissionspräsident Barroso, der die »Verunglimpfte« in Schutz nahm: Sie sei zwar in der DDR geboren worden, »wo es keine echte Demokratie gab«, dennoch: »Kanzlerin Merkel ist eine große Demokratin.« Vielleicht. Aber eine große Staatsfrau ist sie nicht. Für Missfallen im eigenen Kabinett hatte bereits ihr Rendezvous mit dem Dalai Lama gesorgt; Außenminister Steinmeier und Bundespräsident Köhler wollen ihr da nicht nacheifern. Um nicht Öl ins Feuer zu gießen.

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus. Was hat Chavez erregt? Was hat er wirklich gesagt? Frau Merkel meinte in einem Interview, der Linksnationalist spreche nicht für Lateinamerika. Der derart Angegriffene konterte, sie vertrete den Teil der deutschen Rechten, »die Adolf Hitler unterstützt hat«. Ja. Deutsche Konservative bekennen sich mittlerweile zur Schuld ihrer Vorgängerparteien. Die »Ausfälle eines politischen Egomanen«, wie in Kommentaren zu lesen, entspringen nicht unbegründeter Angst. Und die artikulierte Chavez in eben jener TV-Sendung »Aló Presidente«, als er, laut dpa, für das Treffen in Lima befürchtete: »Dann steht sie womöglich auf und sagt: ›Warum hältst Du nicht den Mund, verdammte Scheiße!‹ Weil es hier Würde gibt in diesem Land (Applaus). Wir werden nicht den Mund halten. Wir werden vor nichts und niemandem den Mund halten.« Man muss kein Lateinamerika-Experte sein, um zu wissen, dass der Kontinent sich nicht von arroganter US-Bevormundung befreien will, um in eine europäische zu stolpern.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal