Konsequent

Marina Silva / Die brasilianische Umweltministerin tritt zurück

  • Gerhard Dilger, Porto Alegre
  • Lesedauer: 2 Min.

Marina Silva hat das Handtuch geworfen. Brasiliens bekannteste Umweltaktivistin ist nicht mehr bereit, für Präsident Lula da Silva das grüne Feigenblatt zu spielen. Vorgestern reichte die 50-Jährige überraschend ihren Rücktritt als Umweltministerin ein.

Noch zu Jahresbeginn hatte sie der Londoner »Guardian« zu den 50 Menschen gezählt, »die dabei helfen können, den Planeten zu retten«. Doch als Ministerin, die Lulas Wachstumseuphorie immer wieder dämpfte, musste die frühere Gummizapferin eine Niederlage nach der anderen einstecken.

Silva stammt aus ärmsten Verhältnissen. Ihre Familie sammelte Kautschuk in Amazonaswäldern. Drei ihrer sieben Geschwister starben noch im Kindesalter, sie selbst lernte erst mit 14 Jahren Lesen und Schreiben. Sie arbeitete als Hausangestellte, holte den Schulabschluss nach und engagierte sich in Basisgemeinden. Anschließend studierte sie und wurde Mitstreiterin des legendären Umweltaktivisten Chico Mendes, der 1988 im Auftrag von Großgrundbesitzern erschossen wurde. 1994 wurde die zierliche Frau zur jüngsten Senatorin Brasiliens gewählt und international zum bekanntesten Gesicht des »grünen Brasilien«. 2002 war sie die erste Ministerin, die Lula nach seiner Wahl ernannte. Doch schon 2003 entschied er sich für die Gentechnik in der Landwirtschaft – gegen ihr Votum.

Am erfolgreichsten war die stets loyale Ministerin zunächst in der Amazonas-Politik. Als die Urwaldzerstörung neue Rekorde brach, organisierte sie einen Regierungsplan zur Vorbeugung und Bekämpfung der Entwaldung und setzte die Ausweisung von mehr Schutzgebieten durch als je zuvor. Drei Jahre lang gingen die Rodungen deutlich zurück, doch mehr noch als die Umweltinspektoren oder Bundespolizisten waren dafür die sinkenden Weltmarktpreise für Soja und Rindfleisch verantwortlich. Nun steigen die Preise rasant, und seit Mitte 2007 stirbt der Regenwald wieder schneller.

Die Regierung plant neue Großstaudämme sowie Land- und Wasserstraßen für das Agrobusiness. »Die nachhaltige Nutzung Amazoniens bleibt unsere größte Herausforderung«, erklärte Marina Silva zu ihrem Rücktritt. Dafür will sie weiter kämpfen – demnächst wieder als Senatorin.

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