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Angriff auf Afrikas Bauern

Mamadou Goita, Umweltaktivist aus Mali, kritisiert Saatgutkonzerne

  • Lesedauer: 3 Min.
Mamadou Goita ist Bauer und Wissenschaftler am Institut für Forschung und Förderung von alternativer Entwicklung (IRPAD) in Mali. Er ist gleichzeitig Aktivist im Netzwerk COPAGEN (»Coalition for the Protection of African Genetic Heritage«), das sich für den Schutz des genetischen Erbes in Afrika einsetzt.
Alternativ-Kongress »Planet Diversity«: Angriff auf Afrikas Bauern

ND: Sie haben am Montag zusammen mit tausenden Menschen aus der ganzen Welt in Bonn für mehr biologische Vielfalt demonstriert und nehmen derzeit am Kongress »Planet Diversity« teil. Worauf wollen Sie aufmerksam machen?
Mamadou Goita: Wir sind hier, um die Vielfalt zu feiern – die biologische wie die kulturelle. Wir wollen die multinationalen Konzerne bekämpfen, die im Begriff sind, sich die biologischen Ressourcen Afrikas anzueignen. Denn das Verhalten der großen Konzerne ist ein Angriff auf unsere Bauern. Sie wollen uns Vorschläge aufdrängen, wie gentechnisch veränderte Pflanzen anzubauen sind. Doch diese Vorschläge lösen weder das Hungerproblem, noch bringen sie die afrikanische Landwirtschaft voran. Unsere Botschaft an die UN-Verhandlungen ist deshalb, dass sich die Menschen aus allen Kontinenten gegen eine Privatisierung der biologischen Vielfalt stellen sollen. Wir sagen Nein zur Patentierung von Leben und Nein zur Herrschaft der multinationalen Konzerne über unsere Landwirtschaft.

Was bedeutet biologische Vielfalt für die afrikanischen Länder, und warum ist sie so wichtig für diese?
Saatgut wurde bei uns immer geteilt, es wurde solidarisch damit umgegangen. Mit der Einführung der Grünen Gentechnik will man das Saatgut privatisieren und alle kollektive Tradition verdrängen. Doch das Saatgut ist die Basis unserer Produktion. Wer es beherrscht, beherrscht das ganze Leben. Die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen käme einer völligen Auflösung unserer landwirtschaftlichen Produktion gleich. Die derzeitige Vielfalt des lokalen Saatgutes würde sich drastisch verringern. Die Bauern, die Geld haben, könnten sich dann das teure transgene Saatgut leisten und die, die keine Mittel haben, würden leer ausgehen – und das sind über 80 Prozent in Afrika. Die Folgen sind bekannt: Die Bauern geben die Landwirtschaft auf und wandern in die Städte und Slums ab oder flüchten nach Europa.

Wie sieht es denn in Ihrem Land, in Mali, aus: Wie stark ist der Druck internationaler Saatgutkonzerne und zugleich der Widerstand gegen gentechnisch veränderten Organismen?
In Mali gibt es so gut wie keinen Anbau von gentechnisch veränderten Organismen. Wir haben entschieden Widerstand geleistet. Seit zehn Jahren versuchen Monsanto und Syngenta, die beiden größten Saatgutkonzerne, ihre Ware in Mali und ganz Afrika loszuwerden. Das gilt vor allem für Baumwolle, die besonders in Ägypten, Burkina Faso und Mali angebaut wird. Ein großes Bündnis von Bauern, Verbrauchern und Nichtregierungsorganisationen hat es aber in Mali geschafft, die Einführung von Grüner Gentechnik zu verhindern.

Durch die aktuelle globale Nahrungsmittelkrise wird sich aber der Druck der Multis noch verstärken. Was erwarten Sie angesichts dieser neuen Offensive?
Ich spreche mit sehr vielen Menschen in verschiedensten afrikanischen Ländern. Der Präsident eines afrikanischen Landes gestand mir erst kürzlich hinter vorgehaltener Hand, dass die großen Gentechnikkonzerne hartnäckig jeden Tag aufs Neue ihre Produkte anbieten. Auf Grund der Nahrungsmittelkrise wird das jetzt noch schlimmer. Dabei haben die westliche Politik und die großen Unternehmen diese Krise selbst geschaffen: durch subventionierte Importe und diktierte Strukturanpassungsmaßnahmen, die die kleinbäuerlichen Strukturen seit Jahrzehnten systematisch zerstören. Wir könnten uns sehr wohl selbst ernähren, denn wir haben einen reichen Schatz an landwirtschaftlichen Traditionen. Doch dies ist eben nicht gewollt.

Fragen: Susanne Götze

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